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124 (Januar 2020)

28 Jan

Der erste Seriencheck in diesem Jahrzehnt erfordert erhöhte Aufmerksamkeit, denn es ist noch nicht gesichert, ob es im nächsten Jahrzehnt weitergehen wird. Als warnendes Beispiel mag an dieser Stelle gelten, dass der Ur-Seriencheck im Oktober 2005 startete, ich also im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts gerade mal nur die Hälfte geschafft habe, mit Serienbetrachtungen zu füllen. Deshalb unbedingt lesen! Zusätzlich gibt es endlich mal wieder einen Gastbeitrag. Aus Gründen.

LIVING WITH YOURSELF (SEASON 1)

living with yourself

Wir alle kennen die Situation: Müde, abgeschlafft und unmotiviert gehen wir unserem Tagwerk nach und schwelgen in Erinnerung an die Zeiten, als wir noch voll im Saft standen. Aber es damals halt nicht wussten! So ergeht es auch Miles Elliot (Paul Rudd, „Ant-Man“), der von einem Arbeitskollegen den Tipp erhält, sich im örtlichen asiatischen Massagesalon schön die Stressfalten aus der Haut kneten zu lassen. Was er denn auch tut und fortan frisch, fröhlich und frei als Elliot 2.0 über die Weiden des Lebens hoppelt wie ein junges Fohlen, das sich für ein Einhorn hält.

Ende. Moment, doch nicht Ende. Denn der alte Schluffi Elliot hat irgendwie überlebt. Und mithoppeln will er nicht.

„Living With Yourself“ ist quasi ein Drei-Personenstück mit Paul Rudd in einer Doppelrolle und mit einer Laufzeit von acht Folgen zu je knapp 30 Minuten ein schöner Snack zum Weglinsen. Die Show gewährt dem Zuschauer überraschende Momente, schwingt auch mal nachdenklich die „Was würdest DU tun?“-Keule, hat mit dem asiatischen Behandlungspersonal eine hübsch verpeilte Crew am Start und weiß generell den Zuschauer mit seiner Erzählung bei der Stange zu halten. Mir persönlich hätte es gerne noch etwas grotesker sein können, Elliots Ehegattin bleibt mir ein bisschen zu blass und das Finale mag nicht so recht nachschwingen. Summa summarum wusste mir allerdings jede Episode gut zu gefallen. „Gut“ im Sinne von jeweils exakt 5,0 Punkten pro Folge. Wer also an einem kalten, trüben Wochenende vier Stunden freischaufeln kann, darf gerne reinschauen.

Gesamtwertung: 5,00 Punkte (gut)


MR. ROBOT (SEASON 4)

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Es liest sich wie der feuchte Traum von amazon-Chef Jeff Bezos, in dem er endlich alle lästigen Menschlein aus seinem Versandunternehmen wegrationalisiert hat:

Denn Mr. Robot liefert in allen Bereichen ganz groß ab. Überragend groß.

Stellt euch Sam Porter Bridges vor, den Typen, der in „Death Stranding“ von Norman Reedus gespielt wird. Wir sind uns wohl alle einig, dass der ziemlich abliefert. Aber dennoch nicht so episch wie Showrunner Sam Esmail im Verbund mit Rami Malek, Christian Slater, Carly Chaikin und dem Rest des Castes.

Wer der Serie treu geblieben ist, wird in dieser vierten Staffel überbordend reich belohnt. Wie ich ja schon im Preview letztes Mal schrieb, gestaltet sich das Ziel diesmal klar und deutlich: Die Zerstörung des bösen Imperiums Whiterose. Auf dem Weg dorthin zieht die Show gnadenlos durch, dünnt die Schauspielerriege aus, liefert hochspannende Hacks, bringt Charaktere, die grandios aufspielen (die Episode etwa mit Gangster Fernando Vera hat auf IMDB bis dato einen Schnitt von 10.0 bei über 14.500 Stimmen), und solche, die einem die Gänsehaut anspannen lassen (Stichwort: die nette Tierpräparatorin), enthüllt weitere Überraschungen, lässt uns mit den Protagonisten von Anfang bis Ende zittern und bangen. Durchschnaufen vermag man nur in einer Folge, ehe es in eines der besten Finals der Seriengeschichte geht. Muss man einfach so festhalten. Ich bin begeistert und vergebe die Höchstwertung (die, wenn es nicht die eine Verschnauffolge gegeben hätte, noch deutlicher ausgefallen wäre). Die Komplettbox gehört in jedes gut sortierte TV-Serienregal.

G-U-C-K-E-N!

Gesamtwertung: 6,02 Punkte (überragend)

RAY DONOVAN (SEASON 7)

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Bis zur Stunde ist ungewiss, ob „Ray Donovan“ eine abschließende achte Staffel erhält. Falls das hier jemand von Showtime liest:

GET RAY DONOVAN ANOTHER SEASON OR I WILL GO FULL MICKEY DONOVAN ON YOU!

Was übersetzt bedeutet, dass ich einen alten Mann (mich) ohne Skrupel (wie Mickey Donovan) auf die Verantwortlichen hetzen werde. Denn das diesjährige Finale ließ doch einige Handlungsstränge offen, die bitteschön nicht bis in alle Ewigkeit derart lose herumhängen dürfen.

Dabei tat ich mich anfangs schwer mit der neuen Staffel. Denn was mir in den ersten Episoden von den Machern verkauft werden sollte, habe ich keine Sekunde ernsthaft geglaubt. Familien-Weichei Smitty nervte, ein Popschmuseboy mit seinen Star-Problemen ging mir am Allerwertesten vorbei, Terry irrte in einem alternativen Heilbehandlungsstorybogen umher, nur Bunchy baute wieder richtig solide Scheiße, wie man es von den Donovan-Brüdern gewohnt ist. Es drohte die schlechteste Ausgabe der Fixer-Saga seit Staffel 2.

Als sich die Show dann aber einem fetten Coup um die Familie Sullivan sowie dem großen Geheimnis widmet, was mit Rays Schwester Bridget damals passierte und Rückblenden mit fantastisch passenden Jungdarstellern integriert, kriegt die vierte Staffel nochmal die Kurve. Denn ab diesem Zeitpunkt setzte es die 5,5 Punkte-Wertung in Serie, was letztlich reichte, um die Gesamtwertung wieder deutlich ins „Gut“ zu drücken. Die Show um den Fixer hat sich wieder einmal selbst gefixt.

Gesamtwertung: 5,15 Punkte (gut)

WATCHMEN (SEASON 1)

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Keine weitere Staffel hingegen wird wohl „Watchmen“ erhalten. Denn Damon Lindelof steht hierfür nach eigener Aussage nicht zur Verfügung, da er die Geschichte für auserzählt hält. Im letzten Seriencheck wusste mir der Auftakt der Serie sehr gut zu gefallen: Aber wurde es denn nun richtig schönes Grübel-, Wunder- und Schocktheater wie bei „The Leftovers“ oder ging es in die Hose?

Vorab muss man ausdrücklich den Mut der Serie bewundern und loben. Eine Quasi-Fortsetzung zur Kult-Comicreihe plus Einschüben auf die Anfangszeit der namensgebenden Helden zu realisieren und dies ohne Rücksicht auf die Erwartungen der Ur-Fans durchzuziehen, erfordert dicke Cojones. Die bekannte Lindelof-Masche, den Zuschauer unvorbereitet in einen wilden Mix aus Überraschung, Verwirrung und WhatTheFuckFuck? zu werfen, funktioniert auch bei „Watchmen“. Langsam puzzelt man sich selbst Dinge und Zusammenhänge zurecht, während schon der nächste Kübel an Seltsamkeit über einem ausgeleert wird. Richtig großartig sind meiner Ansicht die Rückblenden gelungen mit der Ursprungsgeschichte des ersten Watchman oder jener des neuzeitlichen Mitglieds Wade, die ohne Wenn und Aber bei mir die Prädikatwertung einheimsen konnte.

„Uuund die Auflösung?“, höre ich den Verein LOST-geschädigter Seriengucker e.V. mit zitternder Stimme fragen. „Passt und funktioniert“, darf ich Entwarnung geben, denn es wird reichlich (aber damonlike natürlich nicht alles) aufgedeckt und erklärt. Wobei letzteres kurz vor dem Finale leider etwas schlampig gehandhabt wurde. Ausgerechnet bei der Episode, in der das Geheimnis um einer der ikonischsten Charaktere gelüftet wird, sah ich vor meinem geistigen Auge Lindelof als Zauberer von Oz, der dem Zuschauer ein

Achten Sie nicht auf den Mann hinter dem Vorhang, der gerade den
dicksten Überraschungsknaller ins Gerüst der Geschichte hämmert, obwohl
er nicht so recht reinpasst. War doch toll bisher! Hier noch ein Elefant
mit intravenösen Schläuchen in einem sterilen Raum zur Ablenkung!

 

entgegenmurmelt. Das Finale lässt auch manchen kleinen „Nicht. Drüber. Nachdenken!“-Moment aufblitzen, schließt die Staffel aber insgesamt würdig und actionreich ab. Diese Patzer verhindern letztlich den ganz großen Wurf ins Wertungskontor, aber es reicht für den Sprung auf „sehr gut“.

Gesamtwertung: 5,68 Punkte (sehr gut)


SILICON VALLEY SEASON 6

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Eine weitere große Comedy-Serie ist vorüber. Nach „Veep“ gilt es nun die seltsamen IT-Menschen aus „Silicon Valley“ zu verabschieden. Gerade mal sieben Folgen umfasst die letzte Staffel, in der wir das sehen, was die Show so herrlich unterhaltsam gemacht hat. Pied Piper will das neue Internet erfinden und es geht natürlich einiges schief, schräge Charaktere machen schräge Sachen, Richard Hendricks verbosst sich tapfer durch alle Geschehnisse, Jared bleibt stabil servil, Gilfoyle und Dinesh kabbeln sich wunderbar und eben habe ich bei der Google-Suche Martin Starr (Bertram Gilfoyle in der Serie) mit kurzen Haaren gesehen und komme damit überhaupt nicht klar.

Was ich mit diesem eher sinnlosen Absatz zum Ausdruck bringen will: Auch die sechste Staffel bringt für Freunde des technikentgeisterten Humors viel Grund zum Schmunzeln, Lachen und Facepalmieren. Schade, dass es vorbei ist. Ich vermisse die Show jetzt schon und drücke als Zeichen meines tief empfundenen Respekts callofdutylike jetzt eine Zeile lang ein F.

FFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFF


Gesamtwertung: 5,55 Punkte (sehr gut)
THE MANDALORIAN (SEASON 1)

mandalorian

Disclaimer: „The Mandalorian“ läuft exklusiv auf Disney+, einem Bezahlsender, der erst Ende März in Deutschland verfügbar sein wird. Deshalb kann ich hier dazu keine eigenen Eindrücke wiedergeben. Glücklicherweise hat sich meine amerikanische Großcousine Britney aus Fort Lauderdale bereit erklärt, einen Gastbeitrag zu verfassen. Britney ist 16 Jahre alt, liebt Amerika, ihre beiden Katzen Krieger und Sauerbrunn (nach US-Fußballspielerinnen benannt), kann ein bisschen Deutsch, hat allerdings Probleme, auf den Punkt zu kommen und zu erkennen, was ein Spoiler ist.

Hi, people of Germany! My name is Britney and I hope you have a wonderful new year with lots of beer, wurst and porsches. Cindy Debby, my best friend from high school, just got a porsche for her sweet 16, can you believe it? She likes Lady Gaga, but I think Billie Eilish…[gekürzt]

So anyway, Star Wars. OMG, I really really really love Star Wars. Did you see the last movie? I cried so hard when Rey ****** Kylo Ren, but then she ****** him and then in the end he **** for her after the evil ********* ****** *** ****, but before that they ******!!!! Love conquers all, so sweet but also so sad. Adam Driver is such a hottie and one day, I’m gonna be his…[gekürzt]

The Mandalorian takes place after the fall of the Empire and the death of Imperator Palpatine. Which we all know by now, ***** ***, lol. There’s this guy wearing a helmet and he collects bounties with no questions asked, a köpfgeldjäger, as you would call it. He’s in a shady deal with an old man (Wörner Herzög) who speaks english, but it really sounds like german. So he goes to a planet and fights like a cowboy in a western, but with lasers and fire, until he finds **** ****. This little fella is sooooo sweet and soooo cuddly cute. Even more cute than Suga and J-Hope from BTS. Or… [sinnfreie Aufzählung von Mitgliedern koreanischer Boybands]

The whole show is for fans of episode 4-6 with lots of fan service. We learn about the mandalorian ***** (it’s a *****, not a tribe, folks) and there’s an old grumpy guy that **** in the end saving **** ****, which was such a shock to me. And oh my god, this droid that used to **** but got a new brain so that now he ******** the little cutie pootie, he ******* to save everybody from the chicken *** from „******** ***“ who is now brutally evil and has a freaking cool ***** *****.

Okay, an der Stelle übernehme ich wohl besser und fasse zusammen:

„The Mandalorian“ ist eine wohltuende Reise durch das Star Wars-Universum für alle, die unter den letzten Offerten des Franchises eher zu leiden hatten. In einem Western-Setting folgen wir dem titelgebenden Helden und seinem kleinem Begleiter, der gerade überall neue Höchstmarken in Sachen Knuddeligkeit setzt und – seien wir ehrlich – der eigentliche Star der Show ist. Nicht alles ist dabei Gold, manches Mal schleppt sich die Geschichte so dahin oder es knirscht arg im Gebälk der Logik. Generell wirkt es, als hätte man zuerst einen Film konzipiert und diesen dann zu einer Serie künstlich mit Nebenplots verlängert. Aber Showrunner Jon Favreau schafft es in jeder der insgesamt acht Episoden, kleine Leckerlies für die Fans auszulegen, die wohlig an die Sternstunden der ersten und wohl weiterhin einzig wahren Star Wars-Trilogie erinnern.

Die Ausstattung ist top, die Figuren passen alle wunderbar, die Special Guest-Liste weiß zu beeindrucken. Insgesamt absolut empfehlenswert. Und wenn im Finale Taika Waititi („Jojo Rabbit“, „What We Do In The Shadows“) Regie führt, springt noch fluffig-leicht eine der witzigsten Anfangsszenen in einer Galaxie weit, weit entfernt heraus.

Habe ich mir sagen lassen.

Gesamtwertung: 5,61 Punkte (sehr gut)

THE END OF THE F***ING (WORLD SEASON 2)

Zum Schluss noch die Show, über deren Finale ich damals schrieb:

Ein Sonderlob möchte ich noch für das Ende aussprechen, das so rund
gelungen ist, dass ich trotz meiner Sympathie für die Show keine
Fortsetzung sehen wollen würde.

 

Eine Fortsetzung des rabenschwarzen Roadtrips der dezent kaputten Teenager James und Alyssa setzte es dann nun doch. Dabei etablieren die Macher zu Beginn geschickt eine neue Figur namens Bonnie (Naomi Ackie, „Star Wars: Episode IX“) und verknüpfen sie mit unseren Protagonisten. Das gefiel mir dermaßen gut, dass ich sofort wieder in der deprimierend drögen Welt der englischen Vorstädtelandschaften drin war. Staffel 2 spielt die Stärken der Figuren und des Settings aus, knuffige Indie- und Oldie-Musik eingeschlossen. Dabei fehlt freilich etwas die Frische sowie der Grad an Absonderlichkeit der Erstlingsstaffel, aber letzten Endes wurde ich von den acht Folgen durchweg gut unterhalten. Wer die erste Season mochte, wird hier definitiv nicht enttäuscht werden und das Ende bildet erneut einen derart würdigen Abschluss, dass…

Gesamtwertung: 5,22 Punkte (gut)

DEMNÄCHST:

Avenue 5

Der Pilot des neuen Projekts von „Veep“-Mastermind Armando Iannucci ging leider ziemlich in die Hose. Trotz eines absolut fähigen Comedy-Casts (Hugh Laurie! Zach Woods! Okay, Josh Gad vielleicht eher nicht so) blubbert das Weltallkreuzschiff-Vehikel eher witzlos vor sich hin und landete bei mir zwischen 4,0 und 4,5 Punkten. Da muss mehr kommen.

The Outsider

Bisher starke TV-Serie um den Stephen King-Bestseller gleichen Namens. Nach zwei Folgen im Bereich „sehr gut“, aber man muss abwarten, wo die Geschichte hin läuft. Und ob King ein gescheites Ende hinbekommen hat, was ja nicht immer der Fall sein soll. Sagen bekanntlich selbst King-Enthusiasten.

Curb Your Enthusiasm Season 10

Haben wir Larry vermisst? Oh ja, wir haben Larry vermisst! Der alte mürrische Mann, der sagt, wie es ist. Auch wenn es allen wehtut. Starker Auftakt, der nach mehr verlangen lässt. Zeig uns den Weg, Larry!

Picard

Patrick Stewart hat auch im mittlerweilen hohen Alter eine Präsenz, da schaue ich tief beeindruckt hin und kann keine ernsthafte Kritik üben. Mein Bruder ist da rücksichtsloser und brandmarkte den Piloten als langweilig, zu wenig „Star Trek: Picard“ und mehr „Android Detective: Picard“. Wer den guten Jean-Luc direkt auf einer neuen Enterprise herumkommandieren und Weisheiten verteilen sehen will, dürfte in der Tat etwas enttäuscht sein. Ich hingegen will wissen, wie es weitergeht. Stabile 5,0 Punkte von mir für den Anfang.

Outmatched

Zum Abschluss der Stinker: Eher durchschnittlich intelligentes Ehepaar (Jason Biggs, „American Pie“/ Maggie Lawson, „Psych“) hat drei Genie-Kinder und ein eher unterdurchschnittliches. Die Show will auf der Young Sheldon-Welle reiten und erleidet dabei kapitalen Schiffbruch. Da stimmt so gut wie nix, die Gags riecht man zwei Meilen gegen den Wind oder sie zünden erst gar nicht. Aus Respekt für die beiden Erwachsenendarsteller noch 3,0 Punkte (mäßig). Man möge allerdings nicht von mir erwarten, dass ich eine weitere Folge schmunzelfrei durchleide.

 

123 (November 2019)

10 Nov

November. Rain. Guns’n’Roses. Slash. Zylinderhut. Abraham Lincoln. Sklaverei. Rassenunruhen. Robert Redford. Redfordations. Watchmen. Damon Lindelof.

Verdammt, alles führt immer wieder zu Damon Lindelof!!!

Diesmal im Seriencheck: ein Fernsehfilm zu einer der besten Serien der Welt, herrlich ekelhafte, verrotzte Puppen, „Scrubs“ für das gediegene Publikum sowie die neue Show um die Watchmen, diesmal aus der Feder von Damon Lindel… VERDAMMT!!!

EL CAMINO – A BREAKING BAD MOVIE

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Yeah, bitch, wolltest du schon immer mal wissen, was aus deinem Lieblingsdealer Jesse geworden ist, nachdem Heisenberg ihn befreit hat? Okay, dann hat Vince Gilligan sich extra zwei Stunden neues Material darüber aus seinem Gehirn extrahiert, zu feinen blauen Kristallen gekocht und auf euren Abspielgeräten verteilt. Wie? Science, bitch!

El Camino ist wie der offizielle DLC zu deinem Lieblingsvideospiel. Es ist zum Stoßseufzen schön, wieder in die Welt von Walter White und Jesse Pinkman zurückzukehren, Erinnerungen kommen hoch, Nebencharaktere werden herzlich begrüßt. Hauptcharaktere hingegen sind nur kurz in Rückblenden zu sehen. Und bei Meth Damon (Jesse Plemons) hatte man offensichtlich kein Budget für teure De-Aging oder De-Weight-Tools.

Wer die Show mochte, wird mit „El Camino“ mehr als zufrieden sein, auch wenn er sich selbstkritisch eingestehen muss, dass es diesen Nachklapp nicht wirklich gebraucht hätte. Die Produktionswerte sind gewohnt top, der letzte Auftritt des am Tag der Premiere verstorbenen Robert Forster zerrt an der Tränendrüse, Humor und Action sind drin und die Geschichte wird zu einem soliden Ende geführt. Andererseits kommt der Film nun mal nicht an die besten Ausgaben der Show heran und lässt einen auch nicht nach dem Abspann nach einer Fortsetzung der Franchise mit weiteren Staffeln schreien. Fans greifen zu, der Rest guckt lieber erstmal die Blu-ray-Box von „Breaking Bad“ und muss sich die Frage stellen, was mit ihm los ist, wenn er dann nicht Fan wird.

GESAMTWERTUNG: 5,0 Punkte (gut)
THE DARK CRYSTAL – AGE OF RESISTANCE (SEASON 1) 

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In einer Welt voller Puppen herrschen die echsen-/vogelartigen Skeksis über die gutmütigen Stämme der Gelflinge, da ersteren die Macht über den dunklen Kristall von der weisen Seherin Aughra anvertraut wurde. Mit dem Weissehen hat das nicht so optimal geklappt, denn da Puppen eben auch nur Menschen sind, wird diese Macht zwangsläufig auf gar schröckliche Weise mißbraucht. Der Schmu kommt raus und zack, steht der Aufstand vor der Tür.

Die Serie dient als Prequel zum Film des gleichen Namens aus dem Jahr 1982, den ich bis heute nicht gesehen habe. In meinem Gedächtnis sind dazu nur die Schlagwörter „Fantasy“, „hässliche Puppen“ und „Nee, dann lieber nochmal Schweine im Weltall“ abgespeichert. 2019 ist das im Bereich der Optik der Protagonisten nun wahrlich nicht überragend hübscher geworden – vor allem die Skeksis, die gerne mal reichlich Nasenschleim herumrotzen, würde ich nicht als Spielzeugfiguren vermarkten wollen. Die Gelfinge hingegen leiden durchgehend am „Tote Augen-Syndrom“ und wer seinen kleinen Kindern jetzt endgültig Albträume verschaffen will, dem sei gesagt: Die Skeksis sind ganz durchtrieben böse und grausame Schlingel! Also den jungen Nachwuchs besser ins Bett bringen und sich die schlaflosen Nächte alleine gönnen.

Bleiben als Zielgruppe eigentlich nur erwachsene Fans des Films, Puppenfreunde oder für TV-Unterhaltung jeglicher Art offene Gemüter. Ich habe einige positive Reviews gelesen, mir selbst ein Bild gemacht und: „The Dark Crystal“ hat mich gekriegt. Schon der Aufwand, der dahinter steckt, nötigt einem gleich großen Respekt ab, die zahlreichen Puppen abseits der Hauptfiguren sind toll gemacht, die Aufbauten mehr als beeindruckend. Und selbst wenn es Action gibt, holt man aus den eher beschränkten Möglichkeiten das Optimale heraus. Die Geschichte weiß zu packen und hält einige Wendungen in petto. Zuguterletzt wachsen einem die Charaktere ans Herz, bei mir vor allem der Podling Hup und der faszinierend verschlagene Chamberlain skekSil (wunderbar fies vertont von Simon Pegg). Noch obendrauf ein rundes Finale, das Lust auf die nächste Staffel macht und schon haben wir einen der seltenen Kandidaten für die Gesamtwertung „sehr gut“.

GESAMTWERTUNG: 5,50 Punkte (sehr gut)

FLEABAG (SEASON 1 & 2)

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„Fleabag“ erzählt die Geschichte einer jungen Frau in London, die durch das moderne Leben schliddert. Von Schicksalsschlägen getroffen, mit der eigenen Familie hadernd, auf der Suche nach Liebe und nebenbei Inhaberin eines Restaurants für Meerschweinchen (was im englischen Original einen viel lustigeren Beiklang hat). Phoebe Waller-Bridge hat mit ihrer Show zuletzt bekanntermaßen bei den Emmy-Awards ordentlich abgeräumt: u.a. beste Comedy, beste Darstellerin, bestes Skript. Damit konnte sie etwa die Trophäen-Abonenntin Julia Louis-Dreyfus mit „Veep“ hinter sich lassen.

Frevel! Frechheit! Gibbetsjanich!

Doch. Gibbets. Und ist in Ordnung, denn „Fleabag“ ist wirklich spaßig und komisch. Der Humor greift dabei gerne mal in die vollgepackte Derbheitskiste. Wer etwa beim C-Wort aufschreckt, ist hier eher falsch. Die eigene Kompabilität lässt sich leicht und bequem überprüfen, indem man die ersten Minuten des Piloten schaut und auf die Punchline wartet. Wer dann lacht und sich ein bisschen in das fies-fröhliche Grinsen von Phoebe verliebt, welches sie gerne beim Bruch der vierten Wand aufsetzt, wird die sechs Episoden der Staffel genießen. Dramatische Momente sind ebenfalls im Angebot, ich ließ mich aber eher auf die Kabbeleien mit Fleabags Schwester (Sian Cliford) und ihrer Patentante (Olivia Colman, „The Favourite“) ein. Meine Lieblingsfolge: der Kur-Besuch im Schweigeseminar.

Die zweite Staffel kam bei mir im Gegensatz zu vielen Kritikern ein bisschen schwächer weg, die lief nach einem starken Auftakt (der die Emmys für Drehbuch und Regie einbrachte) eher auf stabilen „gut“-Pfaden. Ja, der leicht verwirrte Mr. Hot Priest wird von Andrew Scott („Sherlock“) toll gespielt und dürfte bei den weiblichen Zuschauern besonders gut angekommen sein. Ich fand eben die Geschichten aus Staffel 1 drolliger als diesen großen Liebesbeziehungshandlungsstrang.

GESAMTWERTUNG 

SEASON 1: 5,40 Punkte (gut+) / SEASON 2: 5,13 Punkte (gut)

PREACHER (SEASON 4)

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Und so, meine lieben Schäflein, fand die Geschichte von Jesse Custer und seinen Kumpels Cassidy und Tulip ihr Ende. „Ich bin erschöpft“, sagte der liebe Gott. Herr Starr, der kleine Herr Düsseldorf, strich sich das volle blonde Haar zurück. Arseface unterbrach kurz seine Welttournee. Denn fürwahr, war das ein endkrasser Trip.

Die vierte Staffel der abgedrehten Suche nach Gott, dem heiligen Gral und der Apokalypse wusste wieder einiges aufzubieten. Satte Action gleich zu Beginn, die den Machern wohl so gut gefiel, dass sie kurz darauf eine Wiederholung davon drehten. Egal, ich hatte meinen Spaß! Der Kampf mit Gott, die große Revue-Show zum Weltuntergang, Jesus und Hitler im zähen Ringen am Verhandlungstisch oder die Entführung von Humperdoo – „Preacher“ schmiss dem Zuschauer erneut mehr Schrägheiten ins Gesicht, als man durch konsequentes, lachendes Kopfschütteln ausweichen konnte. Anders als bei „The Boys“ ist das alles so wunderbar drüber, dass Peinlichkeiten und Plattheiten gar nicht wehtun, sondern bei mir den berüchtigten „Was für ein kranker Scheiß!“-Respekt- und Spaßreflex auslösen.

Ausgerechnet zum Finale schien man allerdings das Pulver verschossen zu haben, als einfach mal alle gegeneinander mit Fäusten herumprügeln durften. Die endgültigen letzten Blicke auf den Werdegang unseres Trio infernale entschädigte dann aber doch für diese kleine Ideenlosigkeit. Für mich insgesamt die beste Staffel. So soll es zum Schluss auch sein. Amen.

GESAMTWERTUNG: 5,20 Punkte (gut)

BLACK MIRROR (SEASON 5) 

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Ich habe tatsächlich vergessen, etwas über die letzte Season von Black Mirror zu schreiben, wie mir bei der Durchsicht zum Seriencheck Ranking aufgefallen ist. Der Grund dafür lag wahrscheinlich darin, dass ich sehr ernüchtert bis enttäuscht war.

Striking Vipers: Gleich zum Auftakt die meiner Meinung nach schwächste Episode der ganzen Serie. Bekanntes Thema (Virtual Reality), gähniger Twist, unspannend umgesetzt, ohne Höhepunkte. Ich habe mich gelangweilt. 4,0 Punkte.

Smithereens: Andrew Scott drückt diesem Geiselnahme-Plot durch seine Präsenz und sein schauspielerisches Können den Stempel auf. Wusste mich zu packen, hatte aber keinen „Black Mirror“-Mind-blown-Moment. Solide, gute Unterhaltung. 5,0 Punkte.

Rachel, Jack & Ashlee Too: Miley Cyrus sollte nicht schauspielern und bitte die Finger von Nine Inch Nails-Songs lassen. Vielen Dank im Voraus. Qualität schwankend, ein paar nette Momente ließen mich noch gerade so die 4,5 Punkte zücken.

GESAMTWERTUNG: 4,50 Punkte (befriedigend -)

CAROL’S SECOND ACT (SEASON 1)

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Carol Kenney (Patricia Heaton, „Everybody Loves Raymond“, „The Middle“) will es nochmal wissen. Den Lehrerjob ab- und den Ärztekittel angelegt, beginnt sie mit drei weiteren jungen Doktoren (u.a. Lucas Neff, „Raising Hope“) den zweiten Akt ihrer Karriere in einer Klinik. Immer dabei: die gestrenge Ausbilderin Dr. Jacobs, der tüdelig-lustige Chefarzt Dr. Frost (Kyle MacLachlan, „Twin Peaks“) und Dennis, der bedrohlich wirkende Pfleger mit dem großen Herzen.

Klarer Fall von „Ich mag es mögen wollen wegen Patricia Heaton“, aber sollte die von mir sehr geschätzte, auf lang angelegte Serien gebuchte Schauspielerin auch damit auf Dauer Erfolg haben, schlucke ich ein Gastroendoskop und male zeitgleich das Ergebnis mit Ölfarben auf Leinwand. Denn bei aller Liebe, das ist „Scrubs“ in schlecht für das gediegene CBS-Publikum, das man mit Tempo, Spaß und Witz nicht überfordern möchte. Kyle MacLachlans Rolle ist arg peinlich eng an Dr. Kelso angelegt, die Witze verpuffen gerne ins Nichts und die Nebendarsteller liefern so wenig, dass mir gerade beim Schreiben von keinem einzigen der Rollenname eingefallen ist.

Trotz Heaton-Bonus dümpelte es wertungstechnisch mit Mühe auf der 4,0 Punkte-Schiene, mit Episode 5 habe ich dann folgende Diagnose notiert:

SICHTUNG EINGESTELLT   

WATCHMEN (SEASON 1)

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Angela Abar (Regina King, „The Leftovers“) arbeitet als maskierte Polizistin in einem Amerika einer anderen Zeitlinie. Moment, maskierte Polizistin? Ja, denn dieses Amerika ist gewaltig im Arsch, um es mal vornehm auszudrücken. Zerrissen zwischen linken und rechten Extremisten, regnet es gerne mal Tintenfische auf die Bevölkerung, das Recht liegt in der Hand des Stärkeren, der seit 30 Jahren regierende Robert Redford ist Richard Nixon als Präsident gefolgt und irgendwo in einem edlen Schloss zelebriert Jeremy Irons seltsame Rituale.

Oder kurz gesagt: Damon Lindelof does Lindelof things. Schmeißt uns unvorbereitet in eine Welt mit anderen Regeln und Gewohnheiten, lässt einen verwirrt umherschauen, das Hirn grillen und freut sich darüber eins. Alles innerhalb des Settings der Watchmen-Comics von Alan Moore. Mein erster Gedanke nach der Eröffnungsfolge war dementsprechend:

„Wo habe ich nochmal meine Watchmen-Ultimate Cut-The Complete Story-Blu-ray hingestellt?“. Ich muss da was aufarbeiten und irgendwo 215 Minuten aus dem Wochenende freihalten, um mitreden und -rätseln zu können.

Beinharte Fans der Vorlage sollen die Pilotfolge eher kritisch aufgenommen haben, mich hat die Show aber direkt in ihren Bann gezogen. Das kann nochmal richtig schönes Grübel-, Wunder- und Schocktheater werden wie bei „The Leftovers“. Oder in die Hose gehen. Wie bei der anderen TV-Serie, über die wir nicht mehr reden wollen. Ich bin mal guter Hoffnung, dass Lindelof bei einer eher kurzen Laufzeit (9 Episoden umfasst die erste Staffel) nicht auf zu blöde Gedanken kommt.

ERSTEINDRUCK: 5,5 Punkte (sehr gut)

ERSTEINSCHÄTZUNG: sehr gut – überragend

EMERGENCE (SEASON 1)

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Kommissarin Jo Evans (Allison Tolman, „Fargo“) findet an einer angeblichen Absturzstelle ein kleines Mädchen, aber kein Flugzeug mehr. Mysteriös! Zudem scheinen geheimnisvoll böse Menschen hinter der Kleinen her zu sein. Mysteriös! Irgendwas stimmt mit ihr auch nicht oder weshalb sonst puhlt sie sich ausserirdisch wirkendes Elektrogelump aus der Haut? Mysteriös, mysteriös!

Da habe ich wegen Molly Solverson und Dr. Turk reingeschaut. Beziehungsweise Allison Tolman und Donald Faison. Ist aber leider eher „besorgte Eltern“-Mystery ohne richtigen Punch. Geht es dem Kind gut? Weshalb jagen die das Kind? Was macht denn das Kind jetzt? Die Episode mit den sagenhaft beeindruckend schlechten CGI-Roboterwachhunden hat mich endgültig den Abschaltknopf drücken lassen.

SICHTUNG EINGESTELLT

MIXED-ISH (SEASON 1)

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Die Jugendjahre von Rainbow „Bo“ Johnson als Spin-Off zu „Black-ish“ mit Schwerpunkt 80er Jahre, black culture und Mischehe.

Der Darsteller von Rainbows Vater ist halt kein Anthony Anderson, der Bruder von Bo nervt mich auch als Kind dezent, ansonsten geht es allerdings in Ordnung. Die Achtziger sehe ich ja immer gerne verarbeitet, Gary Cole („Veep“) als Schwiegervater und Christina Anthony als Tante setzen die Akzente, da bleibe ich mal noch dran. Okay-ish.

DURCHSCHNITTSWERTUNG: 4,50 Punkte (befriedigend)

MR. ROBOT (SEASON 4)

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Mr. Robot v4, final update: Jetzt geht’s Redrose an die Bluse! Für mich als Zuschauer ein gut überschaubares Ziel nach der verwirrenden zweiten Staffel, die ihrerseits von Season 3 erfreulicherweise jedoch etwas zurechtformatiert wurde. Showrunner Sam Esmail zielt direkt im Auftakt ins Emotionskontor und lässt einen kaltblütigen Mord auf die Fans los, der noch ein paar Umdrehungen hängenbleibt. Die bisher letzte Folge zeigte wieder viel Computerhacking und sehr wenig Dialoge, eines der Gebiete, auf der die Show bei mir immer punkten konnte. Von meiner Seite ein Daumen hoch bisher, auch wenn ich die Rolle von Dominique DiPierro weiterhin für überflüssig halte.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH FÜNF EPISODEN: 5,40 Punkte (gut+)

ERSTEINSCHÄTZUNG: gut – sehr gut 

SILICON VALLEY (SEASON 6)

siliconvalley6

Final Update leider auch im Hause von Pied Piper. Ich bin jetzt schon in trübseliger „Schade, dass es wirklich vorbei sein soll“-Stimmung wie vor ein paar Monaten bei „Veep“. Was werde ich diese Chaoten vermissen. Die letzte Staffel hat gezeigt, dass das Qualitätsniveau auch nach dem Abgang von T.J. Miller hochgehalten wird. Und für die ersten beiden Episoden durfte ich bisher zweimal 5,5 Punkte in die Datenbank eintragen. Läuft stabil als hätte es Gilfoyle an einem Wochenende in Abwesenheit von Dinesh durchprogrammiert. Ich rechne mit einem Absturz eher bei mir, wenn wirklich die letzte Folge ausgeliefert wird. Error: nerd humor emptiness incoming.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH ZWEI EPISODEN: 5,60 Punkte (sehr gut)