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138 (Dezember 2022) feat. TV Ranking 2021/2022

15 Dez

Es ist wieder soweit. Später als gewohnt, aber mit der Zuverlässigkeit einer nur mittelmäßigen Simpsons-Episode neueren Ausstrahlungsdatums kommt der Jahresendwertungs-Seriencheck. Mit den Antworten auf Fragen wie: „Was haben Foundation und Peacemaker gemeinsam?“, „Was ist die schlechteste Dramaserie, die ich in diesem Jahr komplett gesehen habe?“ oder „Wo bin ich vorzeitig ausgestiegen?“. 

Ein paar Serien hängen gar noch in der Warteschleife, das sind quasi meine Pendants zu den „In Memorials“ der Oscar-Preisverleihung. Und die beste halbstündige Show 2022 habe ich in den vier Serienchecks bisher noch gar nicht besprochen. Aber gleich.
 

ANDOR (Season 1)

Ich habe mich mit Cassian Andor versöhnt. Wir leben nun gemeinsam auf Dagobah und hoffen darauf, Meister Yoda nicht über den Weg zu laufen, der besonders mir ein „Weile gut Ding haben will, ungläubiger Padawan du bist!!!“ entgegenätzen würde. Der erste Teil meiner Review umfasste die ersten sieben Episoden und direkt im Anschluss verschlug es unseren Hauptcharakter auf den berüchtigten Gefängnisplaneten Narkina 5 und damit einen Dreiteiler, der mit das Beste an Star Wars-Aura ausstrahlte, was ich seit Jahren miterleben und -erleiden durfte. Der beklemmende Alltag der Gefangenen, das allgegenwärtige Böse des Imperiums, Andy Serkis in einer großartigen Rolle, der Fluchtplan und seine Ausführung – alles noch getoppt von dem letzten Shot im Finale, den ich mir jetzt noch gerne über die Netzhaut schimmern lasse.   
 

Das Finale selbst mit der kaum von einem Lichtschwert zu durchschneidenden, dichten Atmosphäre auf Ferrix hielt die Qualität weiterhin oben, sodass die Show insgesamt einen üppigen Wertungssprung nach vorne machte. Zu meiner Kritik an den ersten Episoden stehe ich weiterhin, auch bin ich nicht mit allen Charakteren und Geschichten warm geworden (Syril Karn, Senatorin Mon Mothma). Aber ich zolle den Machern riesigen Respekt, was sie an Höhepunkten in „Andor“ gepackt haben – das ist Star Wars, wie ich es lange, lange Zeit in einer Galaxis weit, weit entfernt vermisst habe.
 

GESAMTWERTUNG: 5,13 Punkte (gut)
 

THE HANDMAID’S TALE (Season 5)
 

Mein erster Eindruck hat sich leider bis hin ins Finale bestätigt. Die fünfte Staffel ist von einer überragenden Wertung soweit entfernt wie Aunt Lydia von einer Karriere als Groupie von Papa Emeritus der schwedischen ABBA-Satanisten Ghost. Wie ich schon geschrieben habe, hat Gilead aktuell keinen formidablen Antagonisten vorzuweisen, der hohe Rat hat mindestens zwei unserer Heldin gegenüber eher milde gestimmten Herren in seinen Reihen, es fehlen einfach die schlimmen Bösewichtigkeiten, für die man den amerikanischen Gottesstaat zu verabscheuen gelernt hat. Und dann bestrafen die Mächtigen auch noch die eigenen Leute mit unerbittlicher Härte, da lacht sich doch der Priester in die Soutane.
 

Nein, hat mir insgesamt nicht gut gefallen und auch das Finale kickte mich nicht mit Vorfreudeschüben auf die nächste Staffel. Ich musste eben sogar nochmal nachschauen, was der große Abschiedsknaller war, der wie Darstellerin Yvonne Strahowski in einer Late Night Show verriet, alle überraschen sollte. Mmh, ja, war okay, aber eben nichts, was mir noch lange im Kopf nachgeschwelt hätte. Insgesamt wirkt die Staffel schon eher wie die Vorbereitung und Hinführung auf eine hoffentlich packendere sechste und letzte Season.

GESAMTWERTUNG: 4,50 Punkte (befriedigend -) 

THE BEAR (Season 1)

Carmen „Carmy“ Berzatto (Jeremy Allen White, Shameless) übernimmt nach dem Tod seines Bruders dessen Sandwichladen im schäbigsten und herzlichsten Teil von Chicago. Selbst ein ausgebildeter Koch der Haute Cuisine, muss er dabei mit seinem stets auf Krawall gebürsteten Cousin Richie (Ebon Moss-Bachrach, Marvel’s The Punisher), der Belegschaft  und der Vergangenheit seines Bruders zurechtkommen.


Ach ja, es fühlt sich von der ersten Minute gleich wohlig so an, als wäre Lip Gallagher einfach ein paar Blöcke umgezogen und hätte eine zünftige Fressbude aufgemacht. Rau, aber durchweg mit dem Herzen am rechten Fleck, echte Typen und Originale, das Gefühl von Familie, die miteinander durch dick und dünn geht und zusätzlich werden noch in schweißtreibender, präziser Arbeitsteilung Sandwiches zusammengeformt. Was allein beim Zuschauen schon mal Stress und Hunger auslösen kann. Wo ich bei dem Film „Kiss The Cook“ mit Jon Favreau mir jedesmal die Frage stelle, ob denn gerade in der Nähe ein Streetfood Festival stattfindet, kriege ich hier Lust auf Subway, aber eben halt in ehrlich und extrem lecker. 


Acht Episoden, je knapp eine halbe Stunde, durchgehend gute bis sehr gute Qualität, das Finale extra lang und extra crispy, Wertungen von 5 bis 5,5 Sternen und nie darunter – das alles ergibt als Nachspeise die beste Serie in der Kategorie Drama/Comedy Laufzeit 30 Minuten. Herzlichen Glückwunsch und an alle Beteiligten ein „Thank you, chefs“.

GESAMTWERTUNG: 5,34 Punkte (gut)
 

THE OLD MAN ( Season 1)

Dan Chase (Jeff Bridges, The Big Lebowski) ist ein alter Mann mit zwei Rottweiler-Hunden, der nach dem Tod seiner Ehefrau eigentlich nur in Ruhe gelassen werden will. Was ihn mir direkt sympathisch macht, schließlich ist das auch mein großes Ziel im Leben. Also außer den Hunden und der Ehefrau, die meines Erachtens dabei störend sein könnten. Nun aber wird er von Unbekannten gejagt und sein alter Kumpel Harold Harper (John Lithgow, 3rd Rock from the Sun), seines Zeichens mittlerweile stellvertretender FBI-Direktor für Spionageabwehr, scheint seine Finger im Spiel zu haben.

Darüber habe ich viel Gutes gelesen, den beiden Hauptdarstellern sehe ich schon seit Jahren gerne beim Schauspielern zu, darüber hinaus ahme ich mit jedem Jahr mehr den Haarstil von John Lithgow nach. In gerade mal 7 Episoden entspinnt sich eine sehr unterhaltsame Agentenstory mit durchaus fulminaten Actionszenen, der zunächst vollkommen der Ahnungslosigkeit überlassene Zuschauer bekommt Folge pro Folge mehr Informationen über die Protagonisten und ihre Geschichte. 

Größere Details will ich an dieser Stelle nicht verraten, denn deren Aufdeckung und Enthüllung sind gerade eine der Stärken der Serie. Erwähnen kann ich allerdings, dass die letzte Episode noch so einiges an Überraschungen zu bieten hat und ein mehr als würdiges Finale darstellt. Zwei Daumen hoch, für jeden Rottweiler einer.

GESAMTWERTUNG: 5,24 Punkte (gut)     

RICK AND MORTY (Season 6)

Wirklich schon wieder ein Jahr rum? Eine Frage, die sich Rick und Morty bei ihrer ständigen Zeit-, Raum- und Dimensionsraserei sicherlich nicht stellen. Eigentlich könnte ich meinen Text von 2021 hier nochmal reinkleben, denn die abgedrehteste aller Opa und Enkel-Shows bleibt weiterhin die beste knapp halbstündige Animationsserie, die ich schaue (okay, da besteht die Konkurrenz derzeit auch nur aus den Simpsons) und landet exakt auf dem Wert des Vorjahres. 

Manchmal war es mir etwas zu wild mit den Klonen, Parallelwelten und sonstigem abgefahrenen Gedöns, bei dem man sklavisch aufpassen muss, um nicht den Faden zu verlieren. Die zweite Hälfte der Staffel brachte hier zu meiner Beruhigung aber starke Folgen, bei denen auch ich alter Mann noch nachkam. 

GESAMTWERTUNG: 5,15 Punkte (gut)

Und hier nun ohne weiteres Geschwafel das Seriencheck TV-Ranking 2021/22:

137 (Oktober 2022)

28 Okt

Der letzte Seriencheck in diesem Jahr und die letzten Kandidaten für das jährliche Ranking. Wenn ich nicht schon selbst die Wertungen wüsste, würde ich sagen: Spannende Sache.

THE LORD OF THE RINGS: THE RINGS OF POWER (Season 1)

Amazon prime präsentiert Edelfantasy mit lästig langem Namen und mehrfacher Doppelung im Titel. Ein Grund, nicht einzuschalten?

Kleiner Scherz zum Einstieg. Schließlich gibt es anscheinend genügend andere Gründe, die Serie, welche zeitlich gut 5000 Jahre vor Tolkiens Hauptwerk spielt und Galadriel sowie Elrond als bekannte Figuren einsetzt, da die Elben eben steinalt werden können, nicht gut zu finden. Weil amazon daran beteiligt ist. Weil nicht das Silmarillion, sondern nur eine Inspiration aus demselben und anderen Anhängen verfilmt wurde. Weil eine Karte von Mittelerde fehlerhaft dargestellt ist. Weil die Darstellerin von Galadriel zu unlieblich ist. Weil es dunkelhäutige Elben gibt. Haben die Leute sonst keine Probleme?

Ich selbst habe die Bücher nie komplett gelesen, weil mir das ständige Gesinge auf den Keks gegangen ist. Die ersten drei Filme von Peter Jackson finde ich hingegen großartig und entsprechend landen sie gerne zu Weihnachten in meinem Blu-ray-Player. Der Hobbit? Einmal gesehen und stofflich für viel zu weit gestreckt befunden. Kurz gesagt: Man erwarte im Folgenden bitte keinen professionellen Abgleich zwischen Tolkien’scher Intention und vorliegendem Ergebnis.

Optisch ist das Ganze schon einmal beeindruckend, daran gibt es wenig zu rütteln; spätestens mit dem Blick auf Númenor muss man sich eingestehen, dass ordentlich Rechenpower in die Renderroutinen gesteckt wurde. In Sachen Schauspielkunst bin ich schon auf der Seite jener, die Galadriel-Darstellerin Morfydd Clark gerne einen weiteren Gesichtsausdruck gegönnt hätten. Dafür sah ich in Elrond (Robert Aramayo) im Zusammenspiel mit seinem Zwergenkumpel Durin (Owain Arthur) eines der Highlights der Show. 

Auf der Malus-Seite: Oft passiert bei Episoden von 70 Minuten Spielzeit erstaunlich wenig außer hochgestelzten Dialogen mit mir nichts sagenden Begriffen aus der Historie von Mittelerde. Es gibt zu viele Figuren, deren Namen ich mir nicht mal ansatzweise merken konnte. Bei der Sichtung kam es zu diversen Trinkspielen, nach denen jeder, der ein Gesicht nicht korrekt benamen konnte, einen Schluck nehmen musste. Was haben wir für tolle neue Rufnamen erschaffen! Wie etwa für Theo, den Sohn von Bronwyn, den wir liebevoll „Die Sekretärin aus Liebling Kreuzberg“ nannten, weil er eine starke Ähnlichkeit mit der jungen Anja Franke hatte. Aber ich schweife ab…

Insgesamt konnten imposante Folgen wie „Udûn“ und „Adrift“ die Show für mich retten und einige Momente der Langeweile ausgleichen, im Finale wird ein angemessen großes Geheimnis gelüftet und die Enthüllung einer weiteren mysteriösen Personalie dezent angedeutet. Mir reichte das, um durchzuhalten und weiterzugucken. Bei der angestrebten Staffelzahl von fünf hege ich aber Zweifel, ob das so bleiben wird.  

GESAMTWERTUNG: 4,91 Punkte (befriedigend +)  

HOUSE OF THE DRAGON (Season 1)

Gleich die nächste große Fantasy-Produktion hinterher, diesmal „House of the Dragon“, welches 172 Jahre vor der Geburt von Daenerys Targaryen spielt und eindrucksvoll zeigt, wie das Haus der drachenreitenden Targaryens einiges an internen Problemen unangenehm aufarbeitet. Früher hätte der deutsche Verleih hier ein keckes „Immer Ärger mit der Nachfolge“ als Untertitel angehängt.

Denn König Viserys (Paddy Considine, The World’s End) kriegt zunächst keinen männlichen Nachfolger gebacken, hievt dann zum Ärger der Verwandtschaft seine Tochter Rhaenyra (Milly Alcock und Emma D’Arcy) in die Erbfolgeposition statt seines Bruders Daemon (Matt Smith, The Crown) oder der bereits beim Tod des letzten Königs übergangenen Cousine Rhaenys (Eve Best, Nurse Jackie). Daraus entspinnt sich unter einigen Zeitsprüngen ein aufwändiges Drama, das mit einem guten Notar und einem wasserdicht ausformulierten Testament wohl zu verhindern gewesen wäre. 

Ich musste ein wenig die Hirnzwiebel anstrengen, um im Wochenrhythmus alle Personalien parat zu haben, denn mit den erwähnten Zeitsprüngen wechselten auch einige der Schauspielerinnen, aber erstens gelang mir das anders als bei „Rings of Power“ und zweitens lohnte sich die Mühe. Wer auf Intrigenspinnereien, Machtstreben und unschöne Entwicklungen mit gut möglicher Todesfolge in seiner Serie steht, wird prächtig bedient. Von den Charakteren hat so ziemlich jeder Dreck am Stecken, mit der Figur des Lord Larys Strong (Matthew Needham) steht zudem ein besonders schmieriger und rücksichtsloser Ränkeschmied auf dem Plan und wenn sich die Verwandtschaft anlässlich irgendwelcher familiärer Ereignisse trifft, weiß man schon, dass die Fetzen fliegen werden wie Drachen im Höhenrausch.

Ich würde jetzt nicht soweit gehen, „House of the Dragon“ über die erste Staffel von „Game of Thrones“ zu stellen, aber die Geschichten um die Targaryens, Velaryons und Hightowers haben mir richtig gut gefallen. Das Finale vermittelt zudem den erfreulichen Eindruck, dass das alles noch viel, viel schlimmer werden wird.

GESAMTWERTUNG: 5,30 Punkte (gut)

RESERVATION DOGS (Season 2)

Aho, shitasses! 2nd season fucking rez dogs, bitches. Review sko!

Okay, die Sprache scheint doch etwas abzufärben, wenn man wie ich gestern Abend die letzten Episoden der Staffel in einem Rutsch gesehen hat. Es war mir erneut eine Ehre und ein Vergnügen, im Reservat im östlichen Oklahoma (allein das liest sich schon deprimierend) bei Elora, Bear, Cheese und Willie Jack auf ein paar Welse vorbeischauen zu können.

„Reservation Dogs“ ist einfach eine Show der großen kleinen Geschichten, von der man sich eine knappe halbe Stunde in die Welt indigener Teenager entführen lässt. Aber auch die Nebenfiguren wie Polizist Big, Uncle Brownie, Kenny Boy oder der unvergleichliche Geisterindianer schaffen es, immer wieder neue Highlights zu setzen.

Die Crew wird diesmal im Rahmen der 10 Episoden desöfteren auseinandergerissen; es gibt Folgen, die sich auf einzelne Figuren konzentrieren, was mal sehr gut (die LSD-Episode von Big), mal nur befriedigend (Bears Alltag als Dachdeckergeselle, der Ausflug der Krankenschwestern zur Gesundheitsmesse) abläuft. Hervorheben möchte ich, dass die Serie immer wieder tolle Gastrollen aufbietet, wie dieses Jahr Marc Maron als Heimleiter. Im Finale steht schließlich die große Reise der vier Protagonisten an und lässt die Staffel schön emotional ausgleiten. Gerne weiter so.

GESAMTWERTUNG: 5,20 Punkte (gut)   

ONLY MURDERS IN THE BUILDING (Season 2)

Als in der Auftaktepisode Michael Rapaport als ermittelnder Detective Kreps erstmal einen gepflegten Wutmonolog mit Flüchen abließ, hatte ich schon kein gutes Gefühl für die Staffel. Humor funktioniert bei mir eben nicht durch das Aneinanderreihen von FUCK-Salven, die Phase hatte ich irgendwann in den 90ern abgehakt. Dann doch lieber die Sticheleien unter den Altmeistern Steve Martin und Martin Short, wegen deren ich die Show hauptsächlich weitergeschaut habe. 

Von einem höchstgelungen aufgelösten Kriminalfall mit zahlreichen Irrungen und Wirrungen, der in einem doch sehr schlüssigen Ende mündet, hatte ich da schon nicht mehr zu träumen gewagt. Und Überraschungsspoiler: den gibt es wie schon in der ersten Staffel auch hier nicht. Stattdessen kriegen mir die beiden Senioren diesmal zu wenig gute Gags hin, Frau Gomez kam mir auch mal bissiger rüber, mit den Auftritten meiner absoluten Mundwinkelrunterzieh-Schauspielerin Cara Delevingne erwartete mich ein Tiefschlag, der bereits erwähnte Rapaport und Tina Fey reißen es auch nicht raus, kurz gesagt: Staffel 2 gefiel mir um einiges weniger als ihre Vorgängerin. Wertungsmäßig spiegelte sich das in 7x 4,5 Punkten und 3x 4,0 Punkten (darunter das Finale) wieder. Kann eigentlich nur besser werden.

GESAMTWERTUNG: 4,35 Punkte (durchschnittlich)


BETTER CALL SAUL (Season 6)

Saul Goodmans Geschichte ist auserzählt, nach sechs Seasons findet das Spinoff zu „Breaking Bad“ ein hochgelungenes Ende, das der Serie die erste „sehr gut“-Gesamtwertung in diesem Blog einbringt. Und den Beteiligten diverse Auszeichnungen hätte einbringen sollen, was aber (mir nicht nachvollziehbar) nicht geschehen ist. Insofern ein herzliches BUUUUH!!! an die Verantwortlichen der Emmy-Awards. 

Mit der Episode „S6E07 Plan and Execution“ hatte sich der Anteil der Show, der sich um die anwaltliche Tätigkeit von Kim und Saul drehte, erledigt. Von nun an stand das Leben und Wirken von Gene Takavic im Vordergrund, der Identität also, die Jimmy McGill nach dem Ende von „Breaking Bad“ annahm. Und ab hier flutschten die Wertungen konstant eine Stufe höher, mit dem Finale und der Folge „Point and Shoot“ als absolute Höhepunkte. Inszenatorisch weiterhin eine Klasse für sich, mit diversen Gänsehautmomenten und einem – anders als dem Ende von Walter White – ruhigen, aber emotional nachhallenden Abschluss fährt die Show über die Ziellinie. Davor kann ich nur den Wertungshut ziehen, auch wenn ich die Hauptserie insgesamt weiterhin für noch besser halte.

GESAMTWERTUNG: 5,76 Punkte (sehr gut)


WHAT WE DO IN THE SHADOWS (Season 4)

Für mich leider die kleine Enttäuschung des Serienjahres im Bereich Comedy. Die Abenteuer der Vampir-WG liebe ich seit dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2014, auch wenn die Serie andere Protagonisten verfolgt. Dieses Mal fand man bei den Geschichten allerdings keine prallvolle Ader: Das fängt schon mit dem „neuen“ Colin Robinson an, den ich zunächst putzig, gegen Ende aber eher anstrengend und wenig witzig fand. Wobei er den mit ihm in der Staffel verbandelten Laszlo dummerweise mitreissen sollte. Nadjas Plot um den eigenen Nachtclub warf auch weniger Spaß ab als erhofft und Nandors Brautsuche lässt nach gutem Start (inklusive coolem Dschinn) ebenfalls nach.

Überhaupt war dies der Trend der vierten Season: nach gutem Start geht allen Geschichten die Luft aus, selbst die traditionelle Episode mit den Stargastauftritten (diesmal Sofia Coppola und Jim Jarmusch) ließ mich eher blutkalt zurück. Immerhin hielt die erste Hälfte die gewohnte Klasse und konnte mit der Folge um die Bewerbung für eine Privatschule ein Highlight setzen. Wegen des Qualitätsabfalls danach landet die Show diesmal jedoch erstmals unterhalb der 5-Punkte-Marke. Wenigstens scheint Colin nun wieder der alte zu sein und laut IMDB sind zwei weitere Staffeln in trockenen Tüchern, in denen man die Scharte auswetzen kann.

GESAMTWERTUNG: 4,85 Punkte (befriedigend)

ANDOR (Season 1)

So, Freunde der Sternenkrieger, jetzt mal das Lichtschwert über die Schulter geworfen, das freche Jedi-Zöpfchen abgeschnitten, das von Yoda eingesäuselte Audio-Lehrbuch „Die Macht auch du has(s)t“ weggesteckt und die Sammlung an putzig-knuffigen Figürchen verkauft. Denn mit „Andor“ wird alles anders dieses Mal. Kein ruhmvoller Heldenschnickschnack, sondern echter Schneid, true grit wie der Ami sagt, deep to the core. 

Wir begleiten Cassian Andor (Diego Luna), der später in „Rogue One“ auftreten wird, wie er versucht, von seinem trostlosen Heimatplaneten zu entkommen und sich auf Vermittlung von Luthen Rael (Stellan Skarsgard, Chernobyl) einer Rebellentruppe anschließt, die einen imperialen Stützpunkt um den dort lagernden vierteljährlichen Sold eines ganzen Sektors erleichtern will. Glamorös geht anders.

Es ist ein neuer, mutiger Ansatz, fernab des großen Theaters der Star Wars-Produktionen nun in die raue, harte Alltagswelt unter der Knute des Imperiums zu blicken. So folgen wir neben Cassian und den Aufständischen etwa der aus den Filmen bekannten Senatorin Mon Mothma, die versucht, die noch junge Rebellion zu vernetzen. Oder Syril Karn, der bei einer vom Imperium beauftragten Sicherheitsfirma bei einem Einsatz Mist baut und von seiner Mutter gedrängt wird, sich über seinen Onkel einen neuen Job zu besorgen. Oder Deedra Meero, die als Leutnant im ISB (Imperial Security Bureau) arbeitet und tapfer mit der Bürokratie kämpft, um den rebellischen Abschaum vorschriftsgemäß auszulöschen.  

„Andor“ spaltet und auch ich bin hin- und hergerissen. Einerseits will ich diese neue Ausrichtung wirklich mögen und in den Episoden S1E03: Reckoning und vor allem S1E06: The Eye wird auch zweifelsfrei gut bis sehr gut abgeliefert. Aber andererseits sind die Folgen dazwischen, wie mein nach der fünften Folge ausgestiegener Bruder zum Besten gab, teilweise „stinkelangweilig wie eine Seifenoper auf RTL2 um 10:15 Uhr„. Das ist freilich zu harsch formuliert, aber man muss schon wirklich ein großes Interesse und entsprechende Begeisterung für die Welt von Star Wars haben, um sich etwa an den Diskussionen im ISB mit dem steifen Charme einer Beratung des Verwaltungsgerichtshofs zu berauschen. 

Ich bin da ehrlich: Mein Feuer für das Franchise ist seit „The Last Jedi“ merklich abgekühlt. Ich brenne einfach nicht so recht dafür, wie es in den Büros des Imperiums zugeht, wie das Töchterlein der Senatorin drauf ist oder wie trüb die Jobsuche sich gestalten kann auf Ferrix, Aldhani oder Coruscant. Wer dieses Brennen aber aufbringen kann, dürfte eventuell die beste Star Wars-Serie erleben.  Insgesamt fällt mein Fazit für die bisher gesichteten sieben Episoden schwer gemischt aus, von 4,0 Punkten bis 5,5 Punkten ist alles dabei. Und ich bin noch dran, hoffe allerdings inständig, dass mich die Episoden ohne fulminante Action auch einmal richtig packen können.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH SIEBEN EPISODEN: 4,55 Punkte (befriedigend -) 


THE HANDMAID’S TALE (Season 5)

Kurzer Blick auf die ersten sieben Episoden der Show mit den besten Close-Ups von dezent angepisst dreinschauenden Frauengesichtern. 

Da bin ich doch eher unzufrieden. Aunt Lydia ist nicht mehr so biestig, gemein und fies. Man kann ihre Auftritte ohne das frühere zitternde Magengrummeln ob ihrer phänomenalen religiösen Verbohrtheit schauen. Darüber hinaus fehlt mir derzeit ein richtiger Antagonist zu June – die Show baut hier zwar zwei Figuren auf, nimmt sie im Verlauf der Staffel aber aus dem Spiel. Überhaupt habe ich aktuell arge Probleme, die Entscheidungen eines bestimmten Charakters nachzuvollziehen. Wertungsmäßig drückt sich dies bis dato in sehr vielen 4,5 Punktwertungen aus und meine Hoffnungen, dass mich „The Handmaid’s Tale“ nochmal so am Schlafittchen kriegt wie in den ersten Seasons, verschiebt sich auf die sechste und letzte Erzählung. 

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH SIEBEN EPISODEN: 4,57 Punkte (befriedigend -)


REBOOT (Season 1)

Die fiktive Familien-Sitcom „Step Right Up“ feierte zu Beginn der 2000er große Erfolge und soll nun 20 Jahre später neu aufgelegt werden. Problem: die Schauspieler sind zerstritten auseinander gegangen und mittlerweile komplett dysfunktional, während hinter den Kulissen die alten Gagschreiber auf die neuen, jungen, mehr sensiblen Autoren und Autorinnen treffen.

Die Besetzung liest sich schon mal gut: Keegan-Michael Key (Key and Peele), Judy Greer (Arrested Development) und Paul Reiser (Mad About You, Stranger Things). Mit Johnny Knoxville und seinem Jackass-Humor kann man mich zwar eher jagen, aber vielleicht würde er mich ja überraschen. Interessant auch die Position des Showrunners: Steven Levitan, der für „Modern Family“, „Just Shoot Me“, „Frasier“ oder „Back to You“ (was ich mir just als US-DVD geholt hatte und abendlich meinen Spaß daran habe) verantwortlich zeichnete. Gute Voraussetzungen also, mit großen Hoffnungen fünf Episoden gesichtet und ich darf sagen: 

Nee, ist nicht meins. Dabei trifft Levitan mit einer Szene genau meinen Nerv, als etwa der alte Showhase Reiser in seiner Rolle zu der jungen Autorin meint: „Ihr mit euren Betroffenheitsgeschichten und slice of life stories bringt die Leute maximal zum Schmunzeln, WIR mussten damals alle 30 Sekunden einen Gag raushauen, über den die Zuschauer GELACHT haben.“

Der Humor bei „Reboot“ ist, wie man so schön kategorisiert, von der erwachsenen Sorte; schon in der ersten Episode legt Frau Greer ungefragt die Brüste frei, Erektionen am Drehort und das Urinieren auf den Walk of Fame-Stern von Chuck Lorre sollen für Lacher sorgen. Ach ja, die Mutter des damaligen Jungstars will derben Sex mit der Figur von Johnny Knoxville, hihi, dabei ist der Typ doch voll ranzig, hoho. Schade um die Talente, aber ich schaue mir aus dem Werk von Levitan lieber nochmal „Back to You“ mit Kelsey Grammer, Patricia Heaton, Ty Burrell und Fred Willard an.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH FÜNF EPISODEN: 4,30 Punkte (durchschnittlich)

SICHTUNG EINGESTELLT