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130 (März 2021)

24 Mär

Tja, das war vor zwei Monaten nun wirklich kein überragendes Potpourri an vorgestellten und bewerteten Serien. Eher nur so befriedigendes Zeug. Gut, dass jetzt Ostern vor der Tür steht. Schlecht, dass ich auch diesmal nicht viel Tolles gefunden habe.

SERVANT SEASON 1 & 2

Servant

Die Lokaljournalistin Dorothy (Lauren Ambrose, Six Feet Under) und der Chefkoch Sean (Toby Kebell, Black Mirror: The Entire History Of You) engagieren das Kindermädchen Leanne (Nell Tiger Free, Game of Thrones) für ihr Baby Jericho. Das Mysteriöse jedoch: Mit dem Kleinkind stimmt etwas nicht!

Obwohl: Mit Dorothy auch nicht. Okay, wenn wir schon dabei und ganz ehrlich sind: Leanne hat gepflegt einen an der Klatsche. Und was Sean zuhause zusammenköchelt, puh, das will ich gar nicht ausführen. Bleibt noch Julian (Rupert Grint, Harry Potter), der Bruder von Dorothy. Der wiederum scheint mir stabil – zumindest in Sachen Alkoholkonsum, denn er bechert während der Serie durchgehend zahllose Weingläser leer.

[bitte im vorwurfsvollen John-Oliver-Last-Week-Tonight-Vortragston lesen] Von Executive Producer M. Night Shyamalan. Das erklärt zumindest den Mystery-Klatschen-Anteil. Aber Julian, das mit dem Saufen muss echt mal aufhören. Krieg deinen Scheiß auf die Reihe, Julian! Du warst in den Harry-Potter-Filmen, meine Güte, denk doch mal an die Kinder! Moving on…

Da ich gerade Lust auf gruselhaft-geheimnisumwobenes Geschichtenerzählen hatte, schaute ich direkt beide verfügbare Staffeln. Bei einer Laufzeit von um die 30 Minuten à zehn Episoden ein gut an zwei Wochenenden realisierbares Vorhaben. Die Show erzählt ihre Story mit Ruhe, bietet dabei aber eine beständige Abfolge an What the Fuck-Momenten und -Wendungen, alles dezent schaurig in einem wabernden Rahmen der Seltsamkeit eingebettet. Dem Zuschauer wird rasch klar, dass hier so einiges schreiend nicht mit seinem gewohnten, drögen, überschaubaren Corona-Alltagstrott übereinstimmt, woraus sich wiederum jedenfalls für mich ein großer Teil des Sehvergnügens speiste. Das Urteil: insgesamt durchgehend gut, zwei Folgen landeten gar bei „sehr gut“.

Staffel zwei konzentriert sich sodann auf eine große Frage, hält insgesamt das Niveau, leistet sich aber auch drei Episoden, die ich doch nur okay fand. Der übliche Schwund bei einer Serie, die auf Undurchsichtigkeit setzt, zuvor schon einiges enthüllt hat und sich auf wenige Figuren und Örtlichkeiten konzentriert. Sean panscht auch nicht mehr so schön ekelhaft Zeugs zusammen, das ich nie anrühren würde, wäre ich bei seiner Herstellung zuvor zugegen gewesen. Eine dritte Season ist in trockenen Tüchern und ich werde wieder dabei sein, allerdings ohne Serviette, falls Sean kocht und mit roter Karte in der Hand, sollte Julian mit einem Weinglas auftauchen.

GESAMTWERTUNG:

SEASON 1: 5,20 Punkte (gut) / SEASON 2: 4,85 Punkte (befriedigend) 


WANDAVISION SEASON 1

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Ich habe eine Superhelden-Serie geschaut. Bis zum Ende. Auch, weil ich dachte, es wäre eine Art „fish out of water“-Comedy-Show mit Marvel-Figuren. Hätte ich toll gefunden, denn bis auf „Deadpool“ und die „Guardians of the Galaxy“-Recken finde ich den Humor in diesem Genre immer arg bemüht.

Allerdings sollte man zumindest alle Avengers-Filme (besonders Age of Ultron) gesehen haben, um „Wandavision“ richtig genießen und verstehen zu können. Von daher darf diese Besprechung bereits und volkommen zurecht an dieser Stelle als unwürdig, uninformiert und unnötig bezeichnet werden, denn natürlich kennt der Autor die wunderbare Marvelwelt nur sehr, sehr bruchstückhaft und hält Ultron für einen der Transformers. Für Fans des Universums deshalb hier ein Gast-Kurzreview:

[bitte im euphorischen Jimmy-Fallon-The-Tonight-Show-Vortragston lesen]  Oh mein Gott! Was für eine tolle Show! Die beste Show, die ich jemals gesehen habe. So witzig, ich konnte stellenweise nicht mehr vor Lachen. Und die Anspielungen, die Hinweise, die versteckten Andeutungen. Wahnsinn, mir wäre fast der Kopf geplatzt. Was das alles für die nächsten Filme bedeuten kann! Whoo-hooo! Als dann plötzlich in Episode 4 die „show behind the show“ offenbart wird… WOW, einfach nur WOW! Mind blown! Und wart ihr nach dem Finale auch so fertig wie ich? Einfach nur fertig, weil, boah, die Action, das Drama… ich habe mich immer noch nicht davon erholt, hihi. Fazit: Die superste Superheldenserie, einfach nur super!]

So. Ab hier übernehme ich dann wieder.

Ging größtenteils gerade so in Ordnung, wenn man wie ich die ganzen MCU-Anspielungen komplett nicht verstanden hat. Meine Wenigkeit und mein Bruder (Comedy-Experte für die 50er und 60er) saßen stellenweise ratlos davor wie der Feuilletonist bei der Übertragung eines DotA 2-Turniers mit Livekommentar. Zweifellos wird deutlich, dass Elizabeth Olsen und Paul Bettany Spaß an ihren Rollen in dem ungewohnten Setting hatten. Die Macher haben auch den besonderen Stil und die Standard-Plots der Comedyshows der vergangenen sechs Jahrzehnte gut eingefangen, stellenweise gar mit erheblichem technischem Aufwand und Liebe zum Detail. Allerdings war das Ergebnis dabei aus meiner Sicht weder Hommage noch Parodie, sondern schlicht Nachahmung, ohne an den Charme und den Witz des Originals herankommen oder ihn augenzwinkernd in die Mangel nehmen zu wollen.

Die Show hinter der Show erinnerte mich dann an „Marvel’s: Agents of S.H.I.E.L.D“, von der ich 2014 knapp die Hälfte der ersten Staffel durchgehalten habe. Kann man gucken, tut nicht weh, es geht aber auch gut ohne. Acht Episoden, acht mal die 4,5 Punkte der Ratlosigkeit bei gleichzeitiger Würdigung der handwerklichen Qualität vergeben. Bis ich im Finale schließlich geballt mit dem konfrontiert wurde, was mir Superheldenfilme so zu vergällen pflegt: Fliegende Menschen, die sich mit Blitzen beschießen. Fliegende Menschen, die sich in Gebäude schlagen. Übertriebener Pathos. Aufgebauschtes Drama, das mich komplett kalt lässt. Da winke ich ab. Das soll toll finden, wer es mag. Ich bin raus.

GESAMTWERTUNG: 4,44 Punkte (befriedigend -)

 

MAGNUS TROLLJÄGER SEASON 1

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Der zwischen Idiot und Genie stark hin- und herpendelnde Polizist Magnus löst im schönen Norwegen einen Mordfall mit Hilfe seines suizidgeneigten Kollegen Dan und einem kleinen Jungen, der irgendwie in die Ermittlung hineingeraten ist. Trolle, Gnome und andere nordische Fabelwesen inklusive. Norwegische TV-Serie aus dem Jahr 2019, bei uns aktuell in der ARD-Mediathek noch bis zum 11.4.2021 abrufbar.

Diese Show ist dermaßen bescheuert und doof, aber eben auch liebenswert, dass sie direkt von Beginn an mein Wohlgefallen fand. Man muss es selbst erlebt haben, wie Vidar Magnussen als Magnus mit oft wenigen Mitteln das Maximale an Quatsch aus einer Szene herausholt. Manchem Comedyfreund mag das stellenweise arg zu kindisch sein, mich hingegen hat es amüsiert, wofür ich angesichts der derzeitigen Dürre in Sachen Komödien umso dankbarer bin. Von Slapstick über peinliche Verkleidungen hin zu schwarzem Humor, Krimi natürlich, Fantasy ebenso, ein bisschen Romantik und Grusel oder auch schlicht sympathisch offen gezeigte Blödheit – alles drin und mit gerade mal sechs halbstündigen Episoden schnell durchgeguckt.

GESAMTWERTUNG: 5,13 Punkte (gut)

AMERICAN GODS SEASON 3

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Dass es nach der von den Zuschauern eher mit wenig Liebe aufgenommenen und von Streitigkeiten bei den Machern geprägten zweiten Staffel überhaupt noch weitergehen würde, hat mich schon überrascht. So übel war das Ganze jetzt nicht, aber eben ein ziemlicher Rückschritt gegenüber der ersten Season, die damals mit Karacho einschlug wie Odins Schwert einst in seine Feinde. Kann die neue Ausgabe wieder an alte Stärken anknüpfen?

Wer die Frage allein davon abhängig macht, ob es jetzt zur großen, epischen Schlacht zwischen alten und neuen Göttern kommt, dem darf ich mitteilen: Nope. Ich wäre auch bereit für einen zünftigen Clash gewesen, aber Odin schickt man auf die Reise zu einer alten Flamme, um ihn dann ein Komplott gegen seine Wächterschar aufdecken zu lassen. Shadow Moon (Ricky Whittle diesmal mit vollem Haareinsatz) ist auf einer Mystery-Nebenmission im ländlichen Lakeside, Laura Moon steckt in einer der besseren Folgen in der Vorhölle fest und begibt sich sodann auf die Suche nach einer Waffe. Insgesamt also keiner da, um dem schmierigen Mr. World die spitze Nase zu plätten.

Wertungsmäßig lief das durchgehend auf der 4,5 Punkte-Schiene mit zwei Ausreißern eine Stufe höher, woran freilich Ian McShane einen gewissen Anteil hatte. Denn dem alten Zausel schaue ich halt immer wieder gerne beim Schauspielern zu. Lobend erwähnen möchte die beiden letzten Episoden, die einen wirklich runden Abschluss der aufgebauten Storybögen bildeten und Zuschauer wie mich, die trotz der Enttäuschung über die ausgefallene Ragnarök-Keilerei drangeblieben sind, zufrieden in die Wartezeit zur jüngst bestätigten (EDIT: nun aber doch abgesagten) vierten Staffel (wird dann wohl im besten Fall ein abschließender Film) entlassen konnten.

GESAMTWERTUNG: 4,80 Punkte (befriedigend) 

THE STAND

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Dass die Neuaufbereitung von „The Stand“ bei mir jetzt nicht alle Zäune der Euphorie hat einreißen können, klang ja bereits im letzten Seriencheck an. Die Kritikpunkte von damals gelten natürlich heute noch. Zusätzlich muss ich nach Sichtung aller Episoden festhalten, dass die Schauspieler mit ihrer Darstellung zum Großteil nicht hängenbleiben, ja einige mir gar den Spaß an der eigentlich unverwüstlichen Vorlage verleidet haben. Positiv gefielen mir Brad William Henke als Tom Cullen, auch Owen Teague spielt seine Rolle als Harold Lauder passend unangenehm (auch wenn viele sich einen unansehnlicheren Schauspieler gewünscht hätten), Ezra Miller als Trashcan Man passt schon und Whoopi Goldberg hatten wir wohl alle als Mother Abagail im Kopf. Ausfälle sind in meinen Augen Ned Wolff als Lloyd Henreid (weil schwer nervig) und ja, leider Alexander Skarsgard als Randall Flagg, dem mir einfach das Diabolisch-Böse abgeht.

Ihren traurigen Höhepunkt findet in dem Finale der achten Folge (der Abschluss danach ist Epilog, der eine Story aus dem Buch behandelt und mir wiederum mit am besten gefiel): Hier liefern oben genannte Charaktere meme-würdige Szenen ab, bei denen ich mir schamvoll die Hand vors Gesicht halten musste. Wertung: 3,0 Punkte. Überhaupt sollte der gute Stephen King dem dafür Verantwortlichen seine dickste Schwarte einmal quer von Backen zu Backen ziehen.

Fazit: Die literarische Vorlage hat genug starke Momente, die auch in dieser Neuauflage zünden und die Show vor einem Debakel retten. Insgesamt aber schon enttäuschend. Fans können reinschauen, der Rest schmökert lieber das Buch durch.

GESAMTWERTUNG: 4,55 Punkte (befriedigend -)

122 (August 2019)

30 Aug

Wieder kommt der Seriencheck, wieder ist es heiß. Bei Hitze, so habe ich das Gefühl, bin ich kritischer, was die Bewertungen der von mir gesehenen Shows angeht. Oder einige der TV-Serien, die ich gerade gesehen habe, stecken in der „more of the same“-Phase. Ihr werdet es lesen.

P.S.
Besonders stolz bin ich auf die deutschlandweit wohl schlechteste Bewertung des derzeitigen Fanlieblings „The Boys“.

AMERICAN GODS (SEASON 2)

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Bei Odin, das war jetzt nicht so prall mit der zweiten Staffel. Die Folgen der Vorgängerin hatte ich noch, wie die Kidz heute sagen, übelst abgefeiert. Und der Auftakt zu den neuen Abenteuern von Shadow Moon und Mr. Wednesday gefiel mir auch gleich wieder sehr gut. Der Kampf der alten gegen die neuen Götter stand bevor, das erste Scharmützel traf auch direkt meinen Wohlgefallensehnerv.

Fortan jedoch dümpelte es eher so dahin. Odin sucht seine Waffe, viele bedeutungsschwangere Monologe und Dialoge, keine Gillian Anderson mehr, inszenatorisch hübsch, aber kein Wumms in der Story. Ausnahme: der Handlungsstrang um Odins Sohn, der mich einigermaßen zu packen vermochte. Leider halt nur für eine Folge. Der Wechsel hinter den Kulissen (die beiden kreativen Köpfe Bryan Fuller und Michael Green sprangen ab) war leider insgesamt deutlich spürbar. Zum Ende rafft man sich leidlich motiviert auf, eine der Hauptfiguren über den Jordan gehen zu lassen. Die Wertung wäre wohl noch tiefer gesunken, hätte die Show mehr als 8 Episoden gehabt. So liest sie sich nicht ganz so schlimm.

GESAMTWERTUNG: 4,80 Punkte (befriedigend)

DARK (SEASON 1+2)

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Winden, irgendwo in Deutschland. Eine Kreuzung, eine Höhle im Wald mit angeschlossenem Sofa und ein Atomkraftwerk. Wir beobachten gutbürgerliche Familien mit seltsam altmodischer Hauseinrichtung. Nichts Besonderes also. Bis zwei Kinder verschwinden und ein Mysterium in Gang setzen, das sich immer wilder und wilder fortsetzt, um den Zuschauer in einen Strudel vortrefflichster Verwirrtheit zu werfen und durchzuschleudern.

Na, heute schon ein Schaubild gemalt? Nein? Dann aber hurtig wie ich DARK nachgeholt und die Stifte gespitzt, die seit der letzten Staffel von LOST ungenutzt in der damals wütend zugeschlagenen Schublade unberührt herumliegen. Serienfreund donvanone hatte mir die Show ans Herz gelegt und ich war zunächst skeptisch. Deutsche Mysteryserie. Mmh. Mal lieber vorsichtig reinschauen. Der Anfang erinnerte mich denn auch mehr an einen Tatort, bei dem die Autoren zuvor die alten VHS-Bänder mit „Outer Limits“ weggeraucht hatten und unbedingt mehr Teenager auf Fahrrädern zeigen wollten als „Stranger Things“.

Aber mit der fünften Folge der ersten Staffel machte es *klick* und seitdem schwebt die Show bei mir souverän auf der „gut“ bis „sehr gut“-Wertungsschiene. Es macht nämlich richtig Spaß, die ganzen Zeitverrenkungen nachzuverfolgen und Theorien zu spinnen, was da noch alles demnächst aus der Reihe laufen wird. Bei mir ging das soweit, dass ich zu Beginn jeder Szene erstmal die STOP-Taste drückte und mich orientieren musste, wo, wann und bei wem ich gerade gelandet bin. Zufriedenheit durchströmte mich, wenn dies gelang.

Die zweite Staffel dreht noch mehr an der Schrägheitsschraube, sodass ich mir relativ sicher bin, zu Beginn der finalen dritten Staffel wieder gar keinen Plan mehr zu haben. Weshalb das Schaubild (siehe oben) unabdingbar ist! Klar, bei einer Mysteryserie hängt letztlich viel davon ab, wie das Ganze aufgelöst wird. Das kann bei DARK wie damals bei LOST auch herzhaft in die Hose gehen, zumal man in der bis dato letzten Ausgabe den Zuschauern so richtig noch einen mitgegeben hat. Aber wie immer das Ganze sein Ende findet, der Weg bis dorthin hat mir viel Freude gemacht.

Noch ein rein subjektiver Nachtrag: die Musik fand ich abseits der 80er-Gassenhauer von Nena und Co. durch die Bank schrecklich, sei es der Introsong oder das obligatorische Lied innerhalb der Folge. Da blieb mir selbst der „Pleasure to Kill“-Track der Ruhrpott-Thrasher Kreator noch am angenehmsten im Ohr hängen.

GESAMTWERTUNG:  
Season 1: 5,25 Punkte (gut) 
Season 2: 5,35 Punkte (gut)

 
STRANGER THINGS (SEASON 3)

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Wenn ich hier auf meine Abschlusswertung sehe, bin ich selbst etwas verwundert. Denn eigentlich macht die dritte Staffel von „Stranger Things“ nichts falsch. Freunde der 80er werden wie gehabt mit Referenzen zugeballert. Die Kids tun das, was sie halt vorher schon gemacht haben. Eleven bringt den Mindtrick-Trick. Will Byers betatscht sich ängstlich hinten am Hals. Denn der Mindflayer ist eklig und böse drauf. Mindestens eine peinlich unvorteilhafte Frisur und/oder Beinbekleidung bleibt pro Szene obligatorisch. Dazu noch ein paar neue Nebenfiguren, der russische Arnold Schwarzenegger und hey, wie goldig ist es doch, als sie dieses eine Lied von Limahl singen. Davon habe ich noch die Single zuhause im Plattenschrank herumstehen. Hach! Toll!

Nein, das waren leider nicht meine Gedanken (obwohl das mit der Single stimmt, ich bin halt alt). Die gingen eher in die folgende Richtung: Kann es sein, dass ich dieselbe Geschichte zum dritten Mal erzählt bekomme? Meine aufrichtige Sympathie für die Darsteller hin oder her: Mir ist da insgesamt zu wenig Neues drin, die Gebrüder Duffer spielen die Nummer für meinen Geschmack einfach zu sicher runter. Und das Finale hat mich trotz des von der Spezialeffekte-Abteilung gut aufgefahrenen Monsterkampfes doch eher kalt gelassen. Weil man wirklich noch die uralte „Huch, eine Hauptfigur ist tot! (Oder doch nicht?)“-Fährte auslegen musste.

Deshalb landet diese Ausgabe von „Stranger Things“ nur im befriedigend. Nächstes Mal gerne etwas frischer und kein weitere Aufguss mehr, wenn es geht.

GESAMTWERTUNG: 4,69 Punkte (befriedigend)

THE BOYS (SEASON 1)

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In einer Welt, in der Superhelden real sind. Von ihren Fans angebetet werden. Die sozialen Plattformen beherrschen. Für einen undurchsichtigen, raffgierigen Großkonzern arbeiten. Und dabei größtenteils eingebildete, arrogante, korrupte, drogenabhängige Spackos sind…

..würde ich schon mal gar nicht leben wollen und hätte mir mein Häuschen im nördlichen Finnland gebaut, um von denen bloß nichts mitzubekommen. Beziehungsweise drumherum Fallen ausgelegt, in denen sich Homelander und Co. bei ihrer Dreipunktlandung den Hintern aufreißen.

Ja, ich habe eine Superheldenserie geschaut. Ich dachte mir, okay, wenn mal der Status als übermenschliches, edeles und gutes Wesen dekonstruiert wird, ist das vielleicht auch was für mich. War es dann eher doch nicht.

Obwohl durchaus Ansätze vorhanden waren. Die Ekelmomente hauen rein; wenn es Fleischsuppe gibt, steppt der Gorebauer auf dem Gekrösefeld und freut sich seines Daseins. Was die Story anbelangt, war mein Interesse vorhanden, was sich da entwickelt. Simon Pegg spielt mit. Bei der Delfinrettungsszene habe ich gelacht, weil sie einfach herrlich drüber war. Und die Superheldennummer im Flugzeug hat auch ihre Wirkung nicht verfehlt.

Demgegenüber standen aber reichlich und immer wieder peinlich platte Momente, die mich den Kopf schütteln ließen. Schon die arg auf cool getrimmten Dialoge von Mr. Butcher bereiteten mir beinahe körperliche Schmerzen. Da hatte man wohl eine Mischung aus Dave Chappelle und Jim Jefferies anvisiert, um am Ende dem wackeren Karl Urban Zeilen in den Mund zu legen, über die eher 12-jährige Vollblutfans von „The Fast and the Furious“ ab-hohoho-en („Security is as tight as a choirboy’s arsehole“).

Weitere Momente des Schamschmerzes: Die „Mir ist mein Gemächt beim Sex mit einem Superhelden abgefroren“-Betroffenheitsstory. Die Kiemen von The Deep. Der Mamakomplex von Homelander. Das pompös aufgepumpte Wettrennen zwischen A-Train und seiner Nemesis. Das Strahlen-Baby, oh Gott, das Strahlenbaby. Die Konvention der Ultrafrommen, bei der ich nur auf MC Mike Pence gewartet habe, der „U Can’t Touch This“ von MC Hammer als Anti-Selbstbefriedigungs-Ballade performt. Ich könnte noch mehr aufzählen.

Aus diesen Gründen waren kaum mehr als 4 bis 4,5 Punkte pro Folge drin. Denn wo gute Momente auftauchten, wurden sie direkt wieder mit dem Vorschlaghammer plattgebügelt. Fazit: Ich kann nicht mit Superhelden. Selbst wenn sie Assis sind.

GESAMTWERTUNG: 4,37 Punkte (durchschnittlich) 

 
THE HANDMAID’S TALE (SEASON 3)

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Die neueste Ausgabe von „Der Report der Magd“, wie der deutsche Titel des zugrundeliegenden Buchs von Margaret Atwood lautet, hat mich lange auch nicht so recht packen können. Nach vielversprechendem Einstieg wollte ich jetzt mal langsam zünftige Arschtritt-Action gegen das patriarchisch-ultrareligiöse Gilead-Gesindel sehen.

Stattdessen die gewohnten Kamerafahrten aus der Adlerperspektive, die die roten Kleider und weißen Hauben einfangen. Nahaufnahmen des Gesichts unserer Protagonistin, die mal wieder mit der Gesamtsituation eher unzufrieden ist. Und am Ende unwirsch etwas Entschlossenes Richtung Zuschauer knurrt. Weiterhin alles schlimm im Gottesstaat, schon klar. Aber selbst die für dieses Jahr komponierten Schockbilder zogen bei mir nicht mehr so richtig (Stichwort: unpraktische Mundverkerkerung), sogar Aunt Lydia kickte mir nicht mehr automatisch die Schauergänsehaut an. Kurzum: Die Story kam mir nicht so recht in die Puschen bzw. die klobigen Magdschuhe.

Immerhin: Im letzten Drittel dreht die Show auf, lässt June aka Miss Moss eine unmoralische Entscheidung treffen, bringt Bewegung in die Bewegung und liefert ein etwas Erleichterung bringendes Ende der Season ab. Weshalb sich „The Handmaid’s Tale“ nochmal knapp eine gute Bewertung verdient. Nächstes Mal muss es aber krachen!

GESAMTWERTUNG: 5,07 Punkte (gut)

Als Rausschmeißer noch die Comedy-Serien, die ich eigentlich schon letztes Mal hätte unterbringen können:

Brooklyn Nine-Nine Season 6 / 5,29 Punkte (gut)
Hatte seine Tiefen wie die unnötige Kurzrückkehr von Gina Linetti oder „He Said, She Said“. Andererseits kriegt nur diese Show herrlichen, höchstwertungswürdigen Blödsinn wie „Cinco de Mayo“ hin.

Life In Pieces Season 4 / 4,65 Punkte (befriedigend)
Konnte zur finalen Staffel erneut nicht an die ganz großen Zeiten der ersten Season anknüpfen. Starker Auftakt, durchschnittliches Finale. Trotz Deutschland-Bezug.

Man With A Plan Season 3 / 4,90 Punkte (befriedigend +)
Weiterhin mein Liebling in der Kategorie „Klassische Familiencomedy, die keiner guckt“.

Modern Family Season 10 / 4,88 Punkte (befriedigend)
Solide in der dann doch nicht letzten Staffel. Hier und da war es mir wieder die 5,5 Punkte wert. Aber es gab auch genauso viele 4,0-und-nicht-mehr-Folgen.

The Goldbergs Season 6 / 5,06 Punkte (gut) 
Erneut die 5-Punkte-Hürde genommen und das im sechsten Jahr und einigen für Europäer eher unbekannten 80s-Referenzen (Wer kriegt sofort die Story von „Sixteen Candles“ zusammen?). Respekt! Wer allerdings schon am Titel erkennbaren großen Episoden wie „8-Bit Goldbergs“, „The Beverly Goldberg Cookbook“, „Our Perfect Strangers“ oder „This is This is Spinal Tap“ im Portfolio hat, kriegt das hin.

Young Sheldon Season 2 / 4,37 Punkte (durchschnittlich)
Guck ich weiterhin, obwohl es mir wertungsmäßig so viel Spaß macht wie „The Boys“. Ab und an springt aber auch mal ein Fünfer als Wertung raus. 

109 (Juli 2017)

14 Jul

Das große Drama dramatisch zusammengefasst:
Es gibt sehr viele gute Drama-Serien. Aber weiterhin keinen zusätzlichen, wöchentlichen Drama-Serien-Guck-Tag. Ein Umstand, den ich hiermit anprangern möchte. Anpranger! ANPRANGER!

THE LEFTOVERS (SEASON 3)

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Aus, vorbei, alle aussteigen, die bizarre Gefühlsachterbahn „The Leftovers“ ist an der Endstation angelangt. Acht Runden ging es diesmal nur, aber dafür haben Damon Lindelof und Tom Perrotta alle Schleusen der gepflegten Seltsamkeit geöffnet. Ohne Rücksicht auf Verluste beim Zuschauer. Wer die ersten beiden Staffeln toll fand, wird auch diese hier lieben. Es gibt schräge Neuigkeiten zu Jesus, Gott und dem amerikanischen Präsidenten (ja, letzteres ist tatsächlich möglich), ich werde nie wieder „Perfect Strangers“ (hierzulande: „Ein Grieche erobert Chicago“) mit den gleichen Augen ansehen können wie zuvor und sollte mir jemand anbieten, mich nackig in eine Departure Machine zu setzen, die mich in eine andere Welt schleudert (oder auch nicht), fahre ich vorher nach Australien und studiere mit den Eingeborenen ein paar Anti-Regentänze ein.

Kurz gesagt: Ich hatte wieder meinen Spaß, genügend „Ach komm, ich glaub’s ja nicht“-Momente und ein paar Tränenaufblitzler im Auge. Doch zur Frage, die alle und eigentlich niemanden interessiert: Hat das Ding einen würdigen Schluss oder lässt Lindelof einen LOST los? Ich fand die abschließende Episode gut, nicht überragend, sie konzentrierte sich für meinen Geschmack zu sehr auf romantisches Liebesgeflirre. In jedem Fall aber weder ein Fall von „Jetzt kippt’s vor lauter Schrägheit um“ noch „Hat mir die letzten 27 Episoden versaut“. Große Antworten sollte man allerdings keine erwarten und besser auch nicht danach suchen, aber das war schon im Vorfeld klar. Hier ist eben der Weg das Ziel der Reise und das Fazit kann demnach nur lauten: „Man. What. A. Fucking. Trip“.

GESAMTWERTUNG: 5,56 PUNKTE (sehr gut)

BETTER CALL SAUL (SEASON 3) 

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„Better Call Saul“ profitiert in seiner dritten Staffel immens von den bekannten Figuren aus der Mutterserie „Breaking Bad“. Ich teile die Show mittlerweile gerne in den Gangster- und den Anwalt-Storybogen auf.  Und was vorher schon galt, gilt nun umso mehr. Gangster olé, Anwalt gern mal meh. Gus Frings und Hector Salamanca hieven zusammen mit dem eh über alle Zweifel erhabenen Mike Ehrmantraut das Niveau auf allerbeste Unterhaltung, während Jimmy, Kim und Chuck zwar ohne Zweifel ihre Momente haben (in dieser Staffel etwa die Verhandlung und das Finale), aber eben gerne auch Bremsklötze in der Geschichte  auslegen. Das kann man als toll gespielte, ruhige Momente zum Spannungsausgleich begreifen – mich hat es ab und an herausgerissen und die für diese Serie wegen ihrer überragenden Inszenierung schlechteste Wertung, das Befriedigend, zücken lassen. Insgesamt langt es dieses Jahr aber wieder deutlich für den Sprung ins „Gut“. Und so, wie sich der Anwalt-Storybogen mit dem Finale entwickelt hat, kann die Kurve weiter noch oben gehen.

GESAMTWERTUNG: 5,20  PUNKTE (gut)

THE HANDMAID’S TALE (SEASON 1)

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„The Handmaid’s Tale“ geht an die Nieren. Und sei es nur, weil man als
männlicher Zuschauer in der Runde von den weiblichen Zuschauern wegen
eines flapsigen Kommentars umgehend einen spitzen Ellenbogen in eben diesen
Körperbereich gerammt bekommt. Denn eine gesellschaftliche Dystopie, in der Frauen versklavt und unterdrückt werden, um in einer fundamentalistisch-religiösen Diktatur als Gebärmaschinen zu dienen, bietet eher wenig Raum für augenzwinkernde Sprüche. Deshalb streiche ich hier auch meinen beliebten „Hat mir sehr gut gefallen“-Wertungseinleitungssatz.

Die Show ist schauspielerisch großartig besetzt (neben Hauptdarstellerin Elisabeth Moss möchte ich erneut Ann Dowd extra hervorheben), emotional ergreifend bis schockierend, stimmig inszeniert. Hätte es in der Mitte der Staffel nicht zu viel Beziehungs-Hin-und Her gegeben, wäre die Geschichte der Magd noch deutlicher in den sehr guten Wertungsbereich geschossen. Besonders lobend erwähnen möchte ich die finale Episode, die mit mehreren überragend wirkungstreffsicheren Szenen aufwarten kann und sich so das Prädikat 6,0 redlich verdient hat. Statt eines „Weiter so!“ schließe ich lieber mit  

GESAMTWERTUNG: 5,55 Punkte (sehr gut)

FARGO (SEASON 3)

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Die bisher schwächste Staffel von „Fargo“.  
BUMM, jetzt es ist raus. 

Showrunner Noah Hawley ließ verkünden, dass er zur Zeit keine Ideen für eine weitere Staffel hat und ihm vielleicht auch keine mehr einfallen würden. In der Tat merkt man der dritten Season auch an, dass man eher auf bekannten Pfaden wandelt, statt ganz frischen Impulsen zu folgen.

Aber keine Angst, gute Unterhaltung wird weiterhin geboten. Dafür sorgt schon David Thewlis als Bösewicht V.M. Varga. Dessen kaputtes Grinsen und abschweifende philosophische Ausführungen allein haben mich jede Folge vorfreudig erwarten lassen. Dazu noch Ewan McGregor in einer Doppelrolle, Michael Stuhlbarg (leidensfähig), Mary Elizabeth Winstead (as sexy woman with a plan) und Carrie Coon (hartnäckig und resolut). Schauspielerisch gab es nichts zu mäkeln, den Cast sah ich hier sogar stärker noch als jenen im Vorjahr. Leider kommt die Story nach einem starken Aufgalopp eine Zeitlang gar nicht mehr aus den Puschen, da hilft auch eine angenehm spaßig-schräge Episode wie „The Law of Non-Contradiction“ kaum drüber hinweg. Dafür wird zum Finale hin wieder mal ordentlich aufgeräumt. Muss ich die tolle Inszenierung und musikalische Untermalung (Stichwort: Peter und der Wolf mit Billy Bob Thornton als Sprecher) extra nochmal erwähnen? 

GESAMTWERTUNG: 5,45 Punkte (gut)

SHERLOCK (SEASON 4)

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Mit ordentlicher Verspätung (die englische Fassung lief schon zu Beginn dieses Jahres) verkünde ich:

Willkommen zurück, Mr. Holmes und Mr. Watson!

Denn die beiden Ausgaben zuvor haben mich eher weniger in Verzückung geraten lassen. Zu sehr war die Show darauf bedacht, sich an sich selbst zu berauschen, immer wieder noch einen draufzusetzen, statt eine klare, stringente Geschichte zu erzählen. Die nun endlich am vorletzten Wochenende gesichteten drei Episoden machen es wieder besser und haben mich versöhnt zurückgelassen. Ordentlich Drama inklusive Ablebens einer Figur, Holmes am Drogenabgrund, überragende, frische Bösewichter (Toby Jones! Siân Brooke!!), stets verfolgbare Handlung, Spannung, aber eben auch leichte Momente – so wie die Musikauswahl der rüstigen Mrs. Hudson beim Staubsaugen oder Queens „I Want To Break Free“ beim großmäuligen Auftritt von Allzeitübeltäter Moriarty.

Zweimal 5,5 Punkte, einmal 5,0 Punkte. 221b Baker Street ist wieder angesagt.  

GESAMTWERTUNG: 5,43 Punkte (gut) 

AMERICAN GODS (SEASON 1) 

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Sollte es bei den Emmys/Golden Globes die Kategorie „Best disturbing mindfucks in a TV show“ noch nicht geben, man müsste sie spätestens für „American Gods“ erfinden. Was hier Bryan Fuller und Michael Green an Bildgewalt und bizarren Szenen dem Zuschauer durchs Auge an die Hirnrinde klatschen, sucht seinesgleichen. Und das von Anfang an, ohne jegliche Rücksicht auf Verständnislosigkeit und Fragezeichen zurückfunkende Synapsen. Mich hatte die Show bereits direkt mit den Wikingern im Pfeilhagel für sich eingenommen.

Manchem Zuschauer ging dieses konsequente Draufhalten mit dem WTF?-Maschinengewehr auf Dauer zu weit, zur Entwarnung sei aber gesagt: Zum Ende hin ergibt alles im Rahmen des Settings einigermaßen Sinn. Ich fand das Finale sogar im Gegensatz zu manchem Kritiker überragend gelungen und einen würdigen Abschluss des an Seltsamkeiten überreichen Road Trips von Shadow und Mr. Wednesday. Für die Prädikatswertung reicht es dann aber doch nicht, weil…

…ich den Protagonisten Shadow schauspielerisch unbefriedigend fand. Ricky Whittle, das muss man so hart sagen, wird von jeder Figur in der Serie an die Wand gespielt. Er ist halt dabei und nimmt manche irrsinnig erscheinende Wendung in seinem neuen Leben mit einem Schulterzucken hin. War mir zu wenig, blieb mir zu blass. Und ja, die Percussiongeilheit von Bryan Fuller kann einem auf Dauer dezent auf die Nerven fallen – ich bin in der Hinsicht durch die „Hannibal“-Schule gegangen und abgehärtet..

Fehlt noch was? Ian McShane ist eine der coolsten Säue auf dieser Erde. Aber da schreibe ich jetzt wirklich nichts Neues.

GESAMTWERTUNG: 5,68 PUNKTE (sehr gut)    

THE AMERICANS (SEASON 5)

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Bisher also viel Schönes und Hochwertiges im Dramabereich. Nur die Agentenfamilie Jennings und ihre aktuellen Abenteuer fallen leider ein wenig ab. Aktueller Einschub: Es hat mich sehr gefreut, dass Kerri Russell und Matthew Rhys in diesem Jahr jeweils eine Emmy-Nominierung erhalten haben. Absolut verdient für ihre Leistung bei „The Americans“. Einschub Ende. 

Staffel 5 wirkt eher wie eine lange Hinleitung auf das große Finale, das dann wohl in der abschließenden sechsten Season ansteht. Auf meinem Wertungszettel steht ein gelungener Einstieg mit einem dramatischen Bedrohungsszenario, das in den folgenden Episoden allerdings harmlos in sich verpufft. Überhaupt ist „draußen“ nicht so sonderlich viel los, das Drama spielt sich eher zuhause in den eigenen vier Wänden ab. Ausnahme: die hervorragende, weil aufwühlende Episode „Dyatkovo“, in der Elizabeth und Philipp einer angeblichen russischen Nazi-Kollaborateurin nachstellen. Folgen von dieser Intensität und nachhallenden Wirkung hätte ich mir mehr gewünscht. Stattdessen langweilte ich mich eher durch die russischen Untertitel, die Oleg Burov im heimatlichen Moskau in seinem neuen Job als Anti-Korruptions-Cop gemeinsam mit seiner Familie und Kollegen produzierte. Dass anders als in den bisherigen Staffeln diesmal kein emotionaler Tiefschlag als Rausschmeißer anstand, trieb die Wertung dann endgültig ins „Befriedigend“.

GESAMTWERTUNG: 4,82 PUNKTE (befriedigend)

VEEP (SEASON 6)

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Ende Drama. Nachschlag Comedy. Zwei Serien dürfen noch ihre Wertungen einreichen für die TV Saison 2016/17. Und „Veep“ haut in der Hinsicht wieder mächtig rein. Genauer gesagt: Mit dem bisher besten Schnitt seit ich die Show verfolge. Das muss man im sechsten Jahr und im kompetenzfreien Zeitalter des Donald J. Trump auch erst einmal hinkriegen.

Ist man erst mal angefixt von der Chaotentruppe um Mrs. Meyers gibt es kein Entrinnen. Niemand ist so von sich eingenommen wie Selina, keiner so devot wie Gary, keiner so spackig wie Jonah Ryan, keiner so schusselig wie Mike, keiner so zynisch und beleidigungskreativ wie Amy, Kent, Dan, Ben und der Rest der Bande. Fehlen eigentlich nur die extrem trockenen Bemerkungen von Sekretärin Sue, die aber leider nicht mehr mit von der Partie ist. „Best insults in a TV show“ könnte man übrigens auch mal als Kategorie einführen, fällt mir da ein. „Veep“ würde auf Jahre hinaus unschlagbar sein.

GESAMTWERTUNG: 5,70 PUNKTE (sehr gut)

SILICON VALLEY (SEASON 4)

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Die Wertung „sehr gut“ vergebe ich ja eher selten bei Comedy-Serien. Dafür muss man frisch sein, darf nicht einrosten, sich nicht auf den Gag-Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. „Silicon Valley“ schafft das dieses Jahr erneut: Jian-Yangs Wurst-App, Big Heads Professur, Gavins Blut-Junge, der Patent-Troll, ein Wiedersehen mit Haley Joel Osment als Virtual Reality-Revolutionär, Dineshs Umgang mit seiner Freundin, Richards Macken, Jareds Gewissensbisse, Erlichs Trip nach Tibet und Gilfolyles aufopfernder Server Anton – allesamt kleine Story-Leckerbissen mit Witz, liebevoll angerichtet und gerne mal ein wenig drüber serviert. Wertungen durchgehend entweder 5,0 und 5,5 Punkte. Ich setze ein TAB (kein SPACE):    Respekt.

GESAMTWERTUNG: 5,50 PUNKTE (sehr gut)

Demnächst:

Preacher, Season 2 (sehr gute Einstiegsfolge, Stichwort „Come On Eileen“)

House Of Cards, Season  5 (Spacey und Wright wie gewohnt souverän, aber die Story dieser Staffel leidet eher unter der momentanen politischen Realität in Washington als etwa ein „Veep“)

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Im April gab es keinen neuen Seriencheck. Der Grund: Ich wollte unbedingt noch die Starts von zwei neuen Shows mitnehmen, von denen ich mir sehr viel erwartet habe. Siehe – Achtung, Spannungsaufbau! – die letzten beiden Besprechungen.

TRIAL & ERROR (SEASON 1)

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Im Namen des serienschauenden Volkes ergeht folgendes Urteil:

Die Show „Trial & Error“ wird dazu verurteilt, von mehr Zuschauern gesehen zu werden. Denn sie war in ihren insgesamt 13 Episoden durchgehend lustig, teils herrlich doof und oft zum An-die-Stirn-klatschen albern. Das hohe Gericht wünscht eine Fortsetzung. 

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung nur dann zulässig, sobald der Antragsteller 13 Folgen der aktuellen Staffel „The Big Bang Theory“ gesichtet und dabei durchgehend Lachanfälle bekommen hat. 

Also nie. Ätsch.

Dem schließe ich mich vollumfänglich an. Einfach eine schön dusselige Law-Comedy, ohne dass der Humor primitiv unter der Gürtellinie herumturnen musste. Könnte in der Saison-Endabrechnung den Titel „Beste neue Comedyserie“ einheimsen.

GESAMTWERTUNG: 5,14 Punkte (gut)

HOMELAND (SEASON 6)

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Nach der eher durchschnittlichen 5. Staffel mit dem Wirkungskreis Berlin befasst sich Homeland diesmal mit den Problemen zuhause. Dort kann der Feind nämlich auch mal gerne lauern statt in Afghanistan, Syrien oder Iran. Siehe Populismus, mediale Manipulation, Lügen. Wie von der Serie mittlerweile gewohnt, baut sie ihre Geschichte lange auf, lässt sich mit der Entwicklung der Figuren und Ereignissen Zeit und feuert zum Ende hin alles raus, was sich angestaut hat. Schauspielerisch wie gewohnt hochklassig besetzt, entschädigt das letzte Drittel der Staffel für alle vorigen Momente, in denen man als Zuschauer eher berieselt denn gepackt worden war. Das Finale schließlich – gerne bei Homeland ja mehr stiller Nachklapp als fulminante Explosion – bietet großartig inszenierte Action, Heldendrama und Wirkungstreffer in der Magengrube.

Damit geht es erneut locker über die 5 Punkte-Grenze. Auch nach 6 Staffeln darf man festhalten: Das Dramakonzept hinter Homeland wirkt immer noch.

GESAMTWERTUNG: 5,20 Punkte (gut)

THE WALKING DEAD (SEASON 7)

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Was man von „The Walking Dead“ leider nicht behaupten kann. Gerade mit Blick auf ein Finale, das mich enttäuscht, ja richtiggehend verärgert hat. Ich halte Rick Grimes und seinem geplagtem Gefolge trotz vieler Qualitätsschwankungen weiterhin die Treue. Eben weil die Show neben gepflegten Langeweilern auch richtig gelungene Folgen abwerfen kann.

Ja, und damit meine ich Episoden mit Negan, dem brutal grinsenden Oberbösewicht. Ich wiederhole mich da gerne, aber ohne ihn wäre diese Staffel eine einzige Ödnis geworden. Dass man an vielen Stellen die Strahlkraft der Rolle von Jeffrey Dean Morgan beschädigt, teilweise der Lächerlichkeit preisgegeben hat, ist einer der Gründe, weshalb am Ende eine der schlechtesten Seasons für „The Walking Dead“ steht. Denn für mich funktionierte bis dahin dieses Bedrohungsszenario durch einen sadistischen Tyrannen, der über das Leid der von ihm unterdrückten Menschen lacht.

Die zweite Hälfte der Season baute lange auf, alles war auf eine endgültig alles entscheidende Konfrontation gerichtet. Anders ausgedrückt: Das Finale sollte die eher dahindümpelnde Handlung in den Folgen zuvor (Ausnahme: 7×13 Bury Me Here) vergessen machen und abliefern. Ich werde nichts spoilern, sondern nur auf meine Wertung für die letzte Folge verweisen. 3,0 Punkte. Die ziehe ich eigentlich nur, wenn eine Folge mich geärgert hat. Was „The First Day of the Rest of Your Life“ wirklich einwandfrei gelungen ist. Hier vereint sich leider so ziemlich alles, was Kritiker und Aussteiger der Show vorwerfen, Stichwort: unlogisches bis dummes Handeln und Geschehen.

Am Ende rettet sich „The Walking Dead“ knapp aus der Durchschnittlichkeit, weil einige Folgen mit Negan zuvor für ein sattes Wertungspolster gesorgt haben. Wer mit dieser Figur allerdings schon nichts anfangen konnte, darf gerne einen Zähler vor dem Komma abziehen.

GESAMTWERTUNG: 4,60 Punkte (befriedigend -)

BETTER CALL SAUL (SEASON 3)

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Die einen feiern jede einzelne Episode ab und diskutieren, ob die Show jetzt schon besser ist als „Breaking Bad“, die anderen schnarren mürrisch“style over substance, pfft“ und legen sich wieder zur Seite. „Better Call Saul“ ist noch nicht der einmütig besungene Knaller, den man sich erhofft hatte. Auch ich tue mich da weiterhin schwer. Denn so sehr man von der Inszenierung angetan sein darf, so wenig kann mich vor allem die Story um Jimmy McGill in ihren Bann ziehen. Dass ich die Figur der Kim Wexler eher langweilig finde, macht es nicht einfacher.

Von der Eröffnungsfolge war ich entsprechend wieder eher unterwältigt. Ein typischer 4,5er, also befriedigend, mehr aber auch nicht. Richtig nach unten werten kann man bei der Show eigentlich nicht, dafür ist sie schlicht zu hochwertig in Szene gesetzt. Mittlerweile aber ist der nächste wohlbekannte Charakter aus „Breaking Bad“ am Start und zumindest bei mir wieder das gewisse Kribbeln da. Gut möglich, dass er und Mike Ehrmantraut im Zusammenspiel die Wertungen merklich nach oben schieben können.

Nachtrag: Die vierte Episode („Sabrosito“) ist denn auch absolut auf „Breaking Bad“-Niveau angesiedelt. So kann es weitergehen.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 4 EPISODEN: 5,23 Punkte (gut)

TENDENZ: 5,0 – 5,5 Punkte

FARGO (SEASON 3)

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Irgendwo in Minnesota, 2010. Die Gebrüder Emmit und Ray Stussy (Ewan McGregor in einer Doppelrolle) streiten sich ums Erbe. Der eine ist erfolgreicher Unternehmer im Bereich Parkplätze, der andere ständig mittelloser Bewährungshelfer, der seinen Bruder als Grund für seine eher bescheidene Existenz ansieht. Ihre Zwistigkeiten führen zu einem Mord, in dem die örtliche Polizeichefin Burgle (Carrie Coon, „The Leftovers“) ermittelt. Als ob das nicht schon genug des Dramas wäre, unterwandert die Mafia auch noch die Firma von Emmit.

Wow. Das wird wieder groß. Bin ich mir sicher.

Okay, in längeren Sätzen: Allein die beiden extrem unterschiedlichen McGregors sind schon die Eintrittskarte wert. Dazu spielen noch die wunderbaren Carrie Coon und Mary Elizabeth Winstead („Braindead“), Michael Stuhlbarg („Boardwalk Empire“) und der mir bisher unbekannte David Thewlis („Harry Potter and the Deathly Hallows“). Letzterer löst in jeder Szene diesen wohligen Schauer des Angewidertseins und der Furcht aus. Und dieses Mal bin ich auch vorbereitet, falls sich Hauptautor Noah Hawley abseits der Geschichte wieder etwas völlig Verrücktes einfallen lassen sollte.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 2 EPISODEN: 5,60 Punkte (sehr gut) 

TENDENZ: 5,5 – 6,0 Punkte

THE LEFTOVERS (SEASON 3)

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Wir bleiben in Miracle, Texas. Drei Jahre sind vergangen, es steht der siebte Jahrestag der „Sudden Departure“, also des Verschwindens von 2% der Weltbevölkerung, an. Grund genug, dass allerorten die Apokalypse herbeigerufen oder gar -gesehnt wird. Mittendrin: Polizeichef Kevin (Justin Theroux) und seine Lebensgefährtin Nora (Carrie Coon). Kurz gefasst: Es wird wieder schlimm.

Wen der „Leftovers“-Virus erstmal gepackt hat, kommt nicht mehr davon los. Was in den bisher zwei Episoden gezeigt wurde, ist wieder ein Parforce-Ritt über die Klaviatur der Gefühle, ein Festival der Seltsamkeiten, die TV-Version von WTF und OMG. Allerdings nur für Menschen, die die Enttäuschung von LOST hinter sich gelassen haben und nochmal in eine Welt voller „mystery, emotion and weird shit“ eintauchen wollen. Wer sich darauf einlassen kann, dürfte reichlich belohnt werden. Das wage ich zumindest nach diesem fulminanten Auftakt zu behaupten.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 2 EPISODEN: 5,90 Punkte (sehr gut +)

TENDENZ: 5,5 – 6,0 Punkte

VEEP (SEASON 6)

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HBO-Comedy-Selbstläufer #1. Ex-Präsidentin Selina Meyers kümmert sich um ihr politisches Erbe und will das größte Ziel ehemaliger Amtsinhaber verwirklichen: Eine eigene Bibliothek. Geld dafür soll über ihre Stiftung The Meyer Fund for Adult Literacy… and AIDS… and The Advancement of Global Democracy hereinkommen. Jonah Ryan ist weiterhin der größte Spacken des US-Kongresses. Die anderen Charaktere haben zum Teil neue Jobs, in denen sie herrlichen Mist bauen. Zusammengefasst: „Veep“ kommt der Präsidentschaft von Donald Trump in ihrer Peinlichkeit, Fremdscham und Planlosigkeit weiterhin am nächsten.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 3 EPISODEN: 5,43 Punkte (sehr gut -)

SILICON VALLEY (SEASON 4) 

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HBO-Comedy-Selbstläufer #2: Richard konstruiert ein neues Internet, Dinesh stylt sich die Haare neu, der Piper-Chat trägt ein unangehmes Geheimnis in sich. Die Show läuft wie von Gilfoyle programmiert – stabil, 100% Humorauslastung, aber auch böse und abgründig. Weiterhin das Beste, was aus der Schnittmenge zwischen IT und Comedy geschöpft werden kann und derzeit auf dem Bildschirm flimmert.

DURCHSCHNITTSWERUNG NACH 2 EPISODEN: 5,30 Punkte (gut)

 
THE HANDMAID’S TALE (SEASON 1)

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Hulu bringt den weltbekannten dystopischen Roman von Margaret Atwood auf den Bildschirm. Infolge mehrerer nuklearer Katastrophen ist die Menschheit von Sterilität bedroht. Ein Putsch bringt eine christlich-fundamentalistische Gruppierung an die Macht, die Frauen entrechtet und als Gebärsklaven für ihre Elite heranzieht. Protagonistin der Geschichte ist die Magd Offred (Elisabeth Moss, „Mad Men“), deren Leben und Leiden im Haus des örtlichen Kommandanten (Joseph Fiennes, „Shakespeare in Love“) und dessen Frau Serena Joy (Yvonne Strahovski, „Dexter“, „Chuck“) erzählt wird. Zusammen mit Magd Ofglen (Alexis Bledel, „Gilmore Girls“) denkt sie darüber nach, Widerstand zu leisten.

Keine schöne neue Welt. Aber verdammt faszinierend düster, erschreckend und beklemmend. Innerhalb der bisherigen drei Folgen hatte ich mehrfach den berühmten Kloß im Hals angesichts der Lehren und Handlungsweisen des theokratischen Regimes. Neben den oben erwähnten, bekannten Namen ist besonders Ann Dowd („The Leftovers“) hervorzuheben, die einem in ihrer Rolle der Erzieherin Aunt Lydia die Gottesfürchtigkeit unter die Gänsehaut treibt. Ich kenne die Buchvorlage nicht, aber ich gehe davon aus, dass sie noch mit einigen emotionalen Tiefschlägen aufwarten wird. Jetzt schon eine dicke Empfehlung von mir für Freunde der dystopischen Erzählung. Eine zweite Staffel wurde bereits geordert

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 3 EPISODEN: 5,43 Punkte (sehr gut -)

TENDENZ: 5,5 – 6,0 Punkte

AMERICAN GODS (SEASON 1)

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Direkt die nächste Bestsellerverfilmung auf einem noch nicht so sehr bekannten Sender: Starz präsentiert Neil Gaimans „American Gods“, in dem die alten Götter auf die Erde zurückkehren, um die neuen Götter zu bekämpfen.

Und bei dem der Zuschauer ohne Kenntnis des Buches zumindest in der Pilotfolge in vielen Szenen keine Ahnung hat, was und wie um ihn herum geschieht. Das kann ich jedenfalls schon mal bestätigen. Denn so verwirrt war ich das letzte Mal beim Auftakt von „Preacher“. Allerdings weicht diese Ahnungslosigkeit immer mehr dem Staunen darüber, was „American Gods“ an denkwürdigen Momenten auffährt. Bereits der Einstieg mit einer Gruppe Wikinger, die das amerikanische Festland betreten und einen aufopferungsvollen Weg finden, um wieder von dort wegzukommen, haut rein wie ein Tritt auf den Solarplexus: Optik und Inszenierung à la 300 (oder wie bei dem sendereigenen „Spartacus“, nur eben in edler Aufmachung) lassen einen als Zuschauer zuerst mal einen ehrfürchtigen Schritt mit dem Sessel nach hinten rücken. Was Ian McShane („Deadwood“) und Ricky Whittle („The 100“) im späteren Verlauf erleben, setzt im Fernsehen neue Maßstäbe in Sachen WTF und OMG – diesen Titel muss ich somit dem weiter oben besprochenen „The Leftovers“ leider für den Moment aberkennen. Bleibt die Frage, ob nicht die Gefahr besteht, von diesem sich sehr schräg drehenden Karussell irgendwann herauskatapultiert zu werden. Das dürften die nächsten Folgen zeigen. Für den Start gebe ich ein „sehr gut“ mit starker Tendenz zum „überragend“.

ERSTEINSCHÄTZUNG NACH DEM PILOTEN: 5,5 Punkte (sehr gut)

TENDENZ: 5,5 – 6,0 Punkte