Archiv | The Book Of Boba Fett RSS feed for this section

135 (April 2022)

23 Apr

Diesmal auf dem Programm: die souverän verspätet eingereichte ideale Serie zu Ostern, Frieden mit Gewalt und dummen Sprüchen, Arbeitsalltag mit Persönlichkeitsabkopplung, der alte Mann aus Star Wars, der alte Mann aus Star Trek und Piraten. Piraten? Ja, Piraten.

MIDNIGHT MASS


Als ein junger charismatischer Priester (Hamish Linklater, The Crazy Ones) seinen Job auf der abgelegenen Insel Crockett Island beginnt, sorgt er für frisches Blut im Glauben der zerstrittenen Gemeinde. Wortwörtlicher als man sich das zunächst vorstellt.  

Ich habe „Midnight Mass“ wenige Tage nach Abschluss des letzten Serienchecks gesehen, weshalb ich nun ein wenig im Erinnerungstopf herumkratzen muss. Soviel vorab: Das ist eine großartig spannende, mysteriöse, beeindruckende und hängenbleibende Show, zu der ich eine absolute Guckempfehlung aussprechen darf. Auch wenn ich damit weit hinter der Bewertungsmusik hinterherhinke.

Je weniger man von der Geschichte weiß, desto mehr schlägt sie innerhalb der gerade einmal sieben Episoden ein. Der Anfang fällt mit gemächlichem Erzähltempo und der inszenatorischen Ruhe vor dem Sturm auf, aber um kurz in Predigtsprache zu verfallen: Zweifelt nicht, meine Brüder und Schwestern, sehet weiter und staunet, denn oh Herr, die Äugelein werden noch zittern, die Münder offen stehen und viel Gezeter und Geschrei über euch kommen. 

Was Showrunner Mike Flanagan aus dem Stoff macht, wie er Konzepte aus Religion und Horrorsage miteinander verwebt und das Ganze dann eskalierend wild auf den Bildschirm bringt, ist ganz große Kunst. In meiner Wertungstabelle für dieses Jahr steht bisher eine einzelne Episode, bei der ich die Höchstwertung vergeben habe und das ist S1E06: Acts of the Apostels von Midnight Mass. Ich schließe die Beweisführung äh die Messe. Amen und Gucken. Und spät zu bekehrende Menschen (das nächste Osterfest würde prima passen) nicht spoilern.

GESAMTWERTUNG: 5,61 Punkte (sehr gut)


PEACEMAKER (SEASON 1)

Es klang bereits in der ersten Besprechung zart durch, dass ich diese kleine Anhangsserie zu „The Suicide Squad“ richtig gern habe. Dabei fand ich den namensgebenden Peacemaker (John Cena) im Film die schwächste Figur und reihte mich ein in die Riege der „Weshalb kriegt der jetzt eine eigene Show?“-Frager. 

Die Antwort lautet: Der Gunn, der kann. James Gunn verpasst dem durchgeknallten Friedensvogel mit der stylischen Kloschüssel auf dem Kopf und dem Hang zur Gewalt einen Storybogen, in deren Verlauf der Zuschauer für diesen letztlich doch tragischen Charakter Mitgefühl aufbringt und ihn auf seiner Reise vom Außenseiter mit Adler als Haustier und mindestens genauso bescheuertem Kumpel Vigilante zum Teil einer Heldengruppe begleitet, die sich einer außerirdischen Bedrohung stellt. Mit dabei: Dumme Sprüche, gerne gegen andere „Superhelden“ gerichtet (und später mit einem der lustigsten Cameos), Hair Metal aus den 80er und 90ern, reichlich Gefluche, bisschen blutiges Gespratze, aber eben auch mit dem Herz am rechten Fleck.

Das Finale „It’s Cow Or Never“ (der Titel lässt erahnen, wie abgedreht das Ganze wird) schließlich zieht alle Register und hievt die Show knapp hoch ins Sehr Gut. Von meiner Warte aus freue ich mich auf eine zweite Season mit der Hoffnung, dass dann vielleicht mal noch skandinavischer Metal eingebaut wird. Daneben bete ich inständig für eine zeitige Veröffentlichung auf Blu-ray, denn Stand jetzt wird „Peacemaker“ hierzulande exklusiv auf RTL+ laufen.

GESAMTWERTUNG: 5,50 Punkte (sehr gut)


THE BOOK OF BOBA FETT (SEASON 1)

Da will ich keine großen Worte verlieren. Letztlich schon ein bisserl enttäuschend, wenn die besten Folgen einer Serie den Hauptdarsteller außen vor und vielmehr eine andere Figur die Chose schaukeln lassen. Ach, ich kann auch ruhig spoilern: In zwei der sieben Episoden tauchen der Mandalorian nebst Baby Yoda auf und stehlen Boba Fett in epischem Maß die Show. Ende der Durchsage.

Was schlussendlich von dem einst kultigen Kopfgeldjäger bleibt, ist das Erzählen seiner Geschichte von der Flucht aus dem Sarlacc (schön zu wissen) über seine Zeit bei den Tusken Raidern (okay). Ach ja, und dass auf seinem gewählten Heimatplaneten eine übel schlecht inszenierte Verfolgungsjagd mit bunten Vespas stattfand. Im Finale ballerte man eine Runde dickes CGI-Monster nebst (sinnlosem) Lasergeballere raus, was mein leicht eingeschrumpeltes STAR WARS-Herz aber weitaus weniger erwärmte als ein süß herumstolpernder Grogu.

WERTUNG ohne Mandalorian: 4,60 Punkte (befriedigend)

WERTUNG nur Mandalorian: 5,60 Punkte (sehr gut)

GESAMTWERTUNG: 4,96 Punkte (befriedigend)


SEVERANCE (SEASON 1)

Läuten der Türklingel. Mit dem Öffnen der Tür sehen wir einen Mann und eine Frau im Businessanzug bzw. -kostüm. Er ergreift sofort das Wort, sie schaut uns mit glasigen Augen und Dauerlächeln an.

Mann: „Ja, hallo und einen schönen guten Tag! Können wir mit Ihnen über Persönlichkeitsspaltung reden? Professionelle Persönlichkeitsspaltung. Nicht die amateurhafte, selbst zusammengepanschte, haha. Wir von der Firma LUMOS…“

Frau: „LUMOS. Toll.“

Mann: „Wir von der Firma LUMOS bieten Ihnen die sogenannten Severance-Prozedur…“

Frau: „Severance. Prima.“

Mann: „Genau. Bei der Severance-Prozedur lassen Sie uns kurz in Ihrem Gehirn herumprokeln, wir setzen einen itsybitsy kleinen Chip ein und hurra, schon gibt es zwei von Ihnen in ihrem Kopf! Der eine, wir nennen ihn Innie (nicht mit dem Autor dieses Blogs zu verwechseln) geht für Sie zur Arbeit und rackert sich in unserem schicken Bürokomplex einen ab. Sitzt am Rechner, ordnet sinnlos Zahlen, strebt nach Belohnungen wie chinesischen Fingerfallen, Waffeln oder herrlich steifen Tanzmusik-Erfahrungen. Das Tolle: Sie als Outie, bekommen davon nichts mit!“

Frau: „Nichts mitbekommen. Supi.“

Mann: „Denn nur Ihr Innie hat Erinnerungen an seinen Arbeitsplatz. Wenn er diesen verlässt, übernehmen Sie. Sie selbst haben entsprechend keine Erinnerungen an die Arbeit, sondern speichern lediglich die schönen Momente abseits unserer Büros. Keinen Gedanken mehr an den Job verschwenden, die Arbeit nicht nach Hause mitnehmen, also mal ehrlich, geht’s noch besser? Wann dürfen wir Ihren Termin buch“

Tür wird zugeschlagen. 

Frau: (gedämpft) „Termin buchen? Hurra?“

Das ist so im Groben der Plot von „Severance“, einer Mystery-Büro-Oh-Gott-so-will-ich-nicht-arbeiten-Serie, produziert und auf dem Regiestuhl begleitet von Ben Stiller. Wir folgen Mark (Adam Scott, Parks And Recreation), der sich vor zwei Jahren der Severance-Prozedur unterzogen hat, in seinem Innie-Büroalltag als frisch ernanntem Teamleiter, der eine neue Kollegin einarbeiten soll. Bekannte Namen und Gesichter: John Turturro, Christopher Walken, Patricia Arquette. Mir bis dahin unbekannte Namen und Gesichter, die ich aber ganz toll in der Show fand und deshalb extra erwähnen möchte: Britt Lower (als Helly, die widerspenstige Neue), Tramell Tillman (als Abteilungsleiter Milchick) sowie Zach Cherry (als zynischer Teamkollege Dylan).

Mit seltsamen, beängstigenden Büro-Settings kriegt man mich ja automatisch. Das Interieur, die Abläufe, die Regeln, die kultische Verehrung des Firmengründers, die schier endlosen Gänge und weißen Wände, der speiübelgrüne Boden im Büro unserer Protagonisten – das alles ist der absolute Gruselhorror für normale Menschen wie mich, die nur eine Persönlichkeit vorweisen können. Oder wie ich mir eben einen durchschnittlichen Tag im Scientology-Hauptquartier vorstelle. Entsprechend hatte mich „Severance“ direkt am Schlafittchen. Wertungsmäßig daher durchgehend auf der 5-Punkte-Schiene, aber mehr traute ich mich zunächst nicht, denn Mysteryshows können es bekanntermaßen ja noch verkacken. Auch tut sich in den ersten der insgesamt neun Folgen nicht so viel, die Serie berauscht sich eher an ihrer eigenen Seltsamkeit und schubst den Zuschauer in deren Abgründe, ohne irgendwelche Geheimnisse voreilig zu enthüllen.

Dafür rummst es ab Episode 7 (Defiant Jazz) und das Finale (The We We Are) knallt dermaßen, dass es auf IMDB einen stattlichen Score von 9.8 Punkten einheimsen konnte. Eine zweite Staffel ist geordert, weshalb als Fazit gezogen werden darf: Operation gelungen, Patient gespalten, Ini hochzufrieden (Innie weniger, aber der hat nichts zu sagen).

GESAMTWERTUNG: 5,32 Punkte (gut) 

OUR FLAG MEANS DEATH (SEASON 1)

Piraten waren lange Zeit out. Dann kam „Fluch der Karibik“ (Pirates of the Caribbean). Inklusive zu vieler Fortsetzungen. Woraufhin sie wieder out waren. Nun erscheint noch in diesem Jahr „Return to Monkey Island“ von Ron Gilbert, was mich als alten Adventuregamer in grogtrunkene Ekstase versetzt. Zusätzlich lief auf HBO Max eine neue Piratenserie namens „Our Flag Means Death“. MitRhys Darby (Flight of The Conchords, Jumanji), Taika Waititi und Kristian Nairn (Hodor!).

Der reiche Landgutbesitzer und Aristokrat Stede Bonnet (Darby) will Pirat werden. Einfach so. Das entpuppt sich natürlich als schwierig, weil er als kultivierter und belesener Mensch so gar nichts von einem Piraten hat. Trotzdem kauft er sich ein Schiff und heuert eine Crew an, deren erster Tagesordnungspunkt umgehend in Meutereiplänen besteht. Der berüchtigte Blackbeard (Waititi) bekommt davon Wind und sucht die Konfrontation mit dem Gentleman-Piraten.

Erste Folge direkt super. Darby glänzt als unkonventioneller, tollpatschiger Captain und erbeutet bei seinem ersten Kaperversuch einen verwelkten Topf Pflanzen von einem mit zwei alten Männer besetzten Fischerboot, was er seiner Mannschaft umgehend als kompletten Triumph verkauft. Trifft genau meinen Humor. So hätte es durchgehend weitergehen können.   

Tja, tut es in der Folge aber nicht. Die nächsten beiden Episoden noch durchaus gut, aber danach… es schmerzt mich, es hinzuschreiben: ziemlich genau mit dem Auftauchen von Blackbeard geht es zumindest für meinen Geschmack den Berg runter. Der Humor holt mich nicht mehr ab, viele Gags wirken improvisiert – wie etwa die komplette Episode mit dem Gastauftritt von Will Arnett (Arrested Development). Statt herrlich dümmlichem Klamauk mit Herz dreht sich der Fahrtwind in Richtung Männerfreundschaft zwischen Stede und Blackbeard (aus der dann mehr wird) mit einem zusätzlichen Schuss Drama. Am Ende haben mich die finalen Episoden fast schon ein bisschen gelangweilt, muss ich gestehen. Gut möglich, dass es anderen bei der Sichtung komplett anders ergeht, da sollte sich jeder ein eigenes Bild machen. Die ersten Folgen kann ich jedenfalls vorbehaltlos empfehlen, für mich bleibt der Rest eine kleine Enttäuschung.

GESAMTWERTUNG: 4,60 Punkte (befriedigend)

PICARD (SEASON 2)

Spektakuläres Geständnis zum Einstieg: Ich mochte die erste Staffel von „Picard“ nicht sonderlich. Vor allem das Finale hat mir die Show übel vermiest. Wird nun alles besser? Oder gucke ich das nur weiter, um mich aufregen zu können?

Tendenziell klar letzteres. Zwei Episoden vor dem Finale schippert die Show in höchst durchschnittlichen Gewässern. Dabei hat man sich doch so viel Mühe gegeben! Eine alternative Zeitlinie, in denen unser ex-Enterprise-Käptn zum fiesen Nazigeneral mutiert ist, Q (John de Lancie) ist mit dabei, die Borg-Queen mit an Bord (toll gespielt von Annie Wersching, Timeless, 24), später sollen noch weitere Star Trek-Alumni folgen. Aber letztlich ist der ganze Fan-Service für den Tribble, wenn die Story eher müde vorantuckert, Agnes Jurati nervt und der größte Teil wirkt wie „Star Trek IV – Zurück in die Gegenwart“, aber eben nicht gekonnt. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass „Picard“ in Spiegel-Universumsmanier diesmal das Finale genial hinkriegt, sondern rechne eher mit einer weiteren Enttäuschung. 

Bin ich bei der abschließenden dritten Staffel noch dabei? Klaro, denn da kann die Show mit den meisten Produzenten-Credits im Vorspann ja fast die komplette ehemalige Crew der Enterprise in die Bedeutungslosigkiet reiten.

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH SIEBEN EPISODEN: 4,07 Punkte (durchschnittlich)

BETTER CALL SAUL (SEASON 6)

Die letzte Staffel von „Better Call Saul“ ist gestartet; damit hat die Show gar eine Staffel mehr als ihre Mutterserie „Breaking Bad“ erhalten. Nach den bisher veröffentlichsten zwei Episoden darf ich festhalten: 

Weiterhin packt mich der Kartell-Anteil der Story mit Nacho, Gus und Mike deutlich stärker als der Anwalts-Anteil mit Saul und Kim. Das wird sich wohl nie ändern. Die Inszenierung mit den kultigen Kameraeinstellungen und die Selbstreferenzierung bleiben weiterhin so beeindruckend, dass jede Folge die 5 Punkte sicher hat, auch wenn nicht sonderlich viel passiert. Und ganz wichtig: Schaut euch vorher nochmal eine Zusammenfassung der fünften Staffel an, denn sonst schwirrt euch wie mir der Kopf, wer genau Tyrus, de Guzman, Lalo oder die Kettlemans (Hinweis: die traten zuletzt 2015 auf) sind. 

Meine Vorhersage: spätestens mit dem Auftauchen von Ihr-wisst-schon-wer wird das Ding richtig abgehen.

ERSTEINDRUCK NACH ZWEI EPISODEN: 5,0 PUNKTE (gut)

WERTUNGSTENDENZ: 5,0 – 5,5 Punkte

GHOSTS (SEASON 1)   

Jetzt aber zum krönenden Abschluss dieses Serienchecks die offizielle Abschlusswertung für „Ghosts“. Da war ich letztes Mal zu voreilig gewesen und habe das Fazit bereits nach 13 Episoden gezogen, obwohl noch fünf weitere ausstanden. Die spannende Frage: Haben die denn noch einen großen Unterschied gemacht?

Nö. Die Endwertung ist fast identisch zur Zwischenwertung. Von daher erspare ich mir auch ein neues Fazit und verweise auf jenes aus dem letzten Seriencheck.

GESAMTWERTUNG: 4,74 Punkte (befriedigend)

134 (Januar 2022)

28 Jan

Auch im Jahr 2022 geht der Seriencheck weiter. Gilt es doch drängende Fragen wie „Wieviele bringt der Dexter um?„, „Ist mir jetzt Tiger King zu dumm?„, „Macht der Peacemaker richtig bumm?  oder „Kommt man um Boba Fett herum?“ einer oft nicht wirklich sinnstiftenden Antwort zuzuführen.

DEXTER: NEW BLOOD (Season 1)

In der heutigen Welt voller Streit und Zwistigkeit gibt es nur wenige Dinge, über die sich alle einig sind. Wie etwa, dass die letzte Staffel von „Dexter“ ziemliche Grütze war. Im September 2013 schrieb ich dazu:

Machen wir uns nichts vor: Die finale Staffel war ein Schuss in den Ofen, ein hinterlassener Blutspritzer auf dem weißen Teppich, ein dicker Riss in der Plastikauskleidung. Noch nie zuvor haben mich die Charaktere so unfassbar kalt gelassen, gelangweilt und geärgert….Ich lächele schon sanft in mich hinein, wenn ich die ersten Angebote für die komplette Staffelbox sehe: die müssten mir Geld dafür zahlen, dass ich die 8. Staffel nicht herausbreche und zurücklasse…Wrap it up and sink it where the sea is deep.

Nun also „Dexter: New Blood“ mit Clyde Phillips am Ruder, der schon 2006-2009 die Serie als Produzent betreute. Die Ausgangslage: Dexter lebt seit 10 Jahren zurückgezogen in einem kleinen Dorf namens Iron Lake und hat (taktisch unklug) die örtliche Polizeichefin als Freundin. Sohn Harrison taucht auf, just als Daddy wieder anfängt zu töten. Die Preisfrage, um die die ganze Staffel herumtanzt: Ist er so wie sein Vater drauf? Nebenbei werden böse Buben erledigt und eine True Crime Podcast-Tante nervt den Zuschauer. Ach ja, Schwester „fuckshit“ Debra umkreist unseren ex-Blutschnüffler nun als Geist. 
 

Der Einstieg hatte mich direkt nicht überzeugen können: Der kultige Vorspann mit der Musik von Rolfe Kent fehlt ersatzlos, den Grund für Dexters Rückfall fand ich schlecht ausgearbeitet, Frau Carpenter übertrieb es mit dem angepissten brother diss acting und über allem schwebte die Angst, dass Harrison gleich beim ersten gemeinsamen Abendessen schweigend seine Kollektion von Tierbluttropfen auf den Tisch legt. Aber es wurde besser. Besser in dem Sinne, dass ich so um die Mitte herum mehrfach die 5,0 Punkte ziehen konnte. Klar gab es ein paar Logiklöcher, aber das Ganze lief durchaus auf der wohligen, entspannten Nostalgieschiene. Bis auf die oben erwähnte True Crime Podcast-Tante. 

Letztlich kann diese aufgepfropfte Staffel nicht ganz an die guten alten Zeiten anknüpfen, zumal der Oberbösewicht (Clancy Brown, „Starship Troopers“, „Shawshank Redemption“) einem John Lithgow aus Season 4 (die man sich übrigens sehr gut als Vorbereitung nochmal ansehen kann) nicht ansatzweise das Wasser reichen kann. Allerdings wartet die Serie dafür mit einem Finale auf, das ich sehr gut fand und entsprechend mit 5,5 Punkten auszeichnete. Wenn es alleine darum ging, „Dexter“ nachträglich ein würdiges Ende zu verschaffen, so ist dies aus meiner Sicht gelungen. Eine weitere Staffel, die Showrunner Phillips bereits in einem Interview angedacht hat, brauche ich ehrlich gesagt nicht. 

GESAMTWERTUNG: 4,70 Punkte (befriedigend)

CURB YOUR ENTHUSIASM (Season 11)

Wie schon 2020 gilt auch heute: Larry tut gut in diesen Zeiten. Sich an Nebensächlichkeiten aufreiben zu können, Holzwege bis zum bitteren Ende zu gehen, peinliche Situationen heraufzubeschwören – Davids Larry macht sich weiterhin zum Selbigen und unterhält auch in der mittlerweile 11. Staffel.

Besonders gefallen haben mir in diesem Jahr die Slapstick-Momente, in denen der alte Mann auf der Toilette herumturnt wie in meiner Lieblingsfolge „Angel Muffin“ oder ein in seiner Obhut befindliches Kleid nicht ganz unbeschadet durch einen Regenguss bringt.  Ansonsten rangierte „Curb Your Enthusiasm“ stabil auf der 5-Punkte-Linie, lediglich die Story um Irma Kostroski hatte ein paar Längen, weshalb es einmal das „Befriedigend“ setzte. Damit landet die Show ein weiteres Mal im „Gut“-Bereich, zwar nur knapp, aber angesichts mittlerweile 11 Staffeln nötigt dies einem durchaus gehörigen Respekt ab. Keep on larrying, Larry!

GESAMTWERTUNG: 5,05 Punkte (gut)

FOUNDATION (Season 1)

Die Apple TV-Serie „Foundation“ wird gnadenlos überbewertet. Jedenfalls im Folgenden von mir. Was ich offen zugebe und wiederum mit den aktuellen Folgen von „Star Trek: Discovery“ zu tun hat. Denn dort haben es die Verantwortlichen geschafft, dass mich ausnahmslos JEDE Figur so wenig interessiert wie das Traumatagebuch von Lt. Commander Worf über die Zeit, als er während Star Trek IX einen schlimmen Pickel hatte. Eineinhalb Episoden der vierten Staffel habe ich gesehen und entmutigt aufgegeben. Das ist nicht mehr mein Raumschiff. 

Umso dankbarer und wertungsfreundlicher bin ich, dass „Foundation“ die entstandene Lücke im Bereich Science Fiction auf meiner Guckliste auszufüllen vermag. Die Show zeigt, dass man starke Frauenfiguren wie Gaal Dornick oder Salvor Hardin etablieren kann, ohne beim Zuschauer Reaktionen wie Angenervtheit oder seligen Schlummer auszulösen. Fans der Buchvorlage sind wohl eher unzufrieden mit der Verarbeitung des Stoffes, aber das ist mir wumpe. Ich erfreue mich an meiner neuen „Zwei-Finger-Rumdreh“-Geste von Imperator Brother Day (großherrschaftsartig: Lee Pace), die ich schon mehrfach innerlich lächelnd angewendet habe, weil noch keiner der damit Gemeinten ihren Sinn verstanden hat. 

Insgesamt gefiel mir der Plot um die Weltraumkaiser besser als jener um die titelgebende Foundation, in der Mitte verzettelt sich die Show etwas, ohne qualitätsmäßig schwer abzufallen und wer anlässlich der wöchentlichen Ausstrahlung (an dieser Stelle die freundliche Empfehlung, das Ding zu bingen) den Überblick behalten hat, wird mit vier sehr guten Folgen zum Ende belohnt, in denen einiges abgeht und manches Rätsel noch Sinn ergibt.

GESAMTWERTUNG: 5,50 Punkte (sehr gut)
 

TIGER KING: MURDER, MAYHEM AND MADNESS (SEASON 2)

Na, guckt ihr auch alle das Dschungelcamp? Ein bisschen TrashTV beruhigt doch die Seele, wenn draußen das Chaos herrscht. Oder habt ihr auch wie ich nach den Folgen vom Wochenende abgebrochen, weil es eh immer dasselbe ist und ihr den „Stars“ und Selbstvermarktungskünstlern einfach keinen Ruhm gönnen könnt, da euch deren Leben, Leiden und Lieben schlicht nicht interessiert? Allein der Gedanke, dass die wegen mir als Zuschauer irgendwelche Engagements kriegen oder ihre paar Minuten im öffentlichen Fokus zu Geld machen – nee. Will ich nicht. Mag ich nicht. 

Und damit herzlich willkommen zur Begründung, weshalb ich die zweite Staffel von Tiger King so schlimm abgewertet habe nach den satten 5,61 Punkten vom letzten Mal. Die Großkatzen und ihre durchgeknallten Besitzer und Quälhansel stehen wieder im Mittelpunkt, aber richtig aufwühlend Neues hat dieser zweite Teil der Dokumentationsreihe nicht zu bieten. Joe Exotic sitzt weiter im Knast und ergeht sich wahlweise in Heulen oder Ätzen, irgendwelche Vollhonks wollen beim damaligen US-Präsidenten und Oberdepp Trump eine Begnadigung erreichen, über zwei Episoden schürfen die Macher an dem Verschwinden von Carole Baskins erstem Mann Don herum, ohne verwertbare oder belastbare Funde vermelden zu können.  

Zum allgemeinen Würgen holt man schließlich noch einen weiteren Tigerzoobesitzer und Unmenschen aus dem Schrank mit den Idioten heraus, bei dem man nicht weiß, ob er mehr aus Dummheit oder Arroganz besteht. Die wichtigste Botschaft kommt ganz zum Schluss: den befreiten Tigern geht es gut. Dafür hätte man aber keine zweite Staffel drehen müssen, eine einfache Einblendung während des laufenden Programms hätte genügt.
Um als Fazit mein damaliges Kurzreview auf Twitter einzukleben: 

Alles Pack und Gesocks, hinter Gittern mit allen für eine angemessene Zeit und dann lebenslanges „Gesicht-vor-die-Kamera-halten“-Verbot.

GESAMTWERTUNG: 3,83 PUNKTE (mäßig)

THE CROWN (Season 1)

Wieder ein Eintrag in der zumindest bei mir beliebten Reihe: „Spät nachgeholt“

Charthits der 90er und 2000er bis heute. Draußen im Grünen. Mode. Haushaltstipps. Adel.

Obwohl ich mir eine gewisse Allgemeinbildung zugestehen würde, bin ich mit diesen Kategorien in jedem Quiz zu schlagen. Denn ich weiß mit Sicherheit nichts. Zumindest im letztgenannten Bereich kann es allerdings nun zu Überraschungen kommen, da ich die erste Staffel von „The Crown“ gesehen habe, die ich mir vor ein paar Monaten sehr preisgünstig als Import holen konnte. 

Ich hatte über die Weihnachtsfeiertage „Die Brücke am Kwai“ gesehen, danach „The King’s Speech“ mit Prinz „Bertie“ Albert, dem Vater von Elizabeth II. und da bot es sich doch an, die Show einzulegen, in der jener als König George VI. den Abgang macht, während das junge Lisbet auf den Thron steigt. Hach, und hat das Mädchen es schwer, du glaubst es nicht!

Onkel Edward ist ein gemeines, verbittertes, die Royals verabscheuendes Wiesel, Ehegatte Philipp langweilt sich in seiner Prinzenrolle, Schwester Margaret mault herum, weil sie ihren Stallhofmeister nicht ehelichen darf, Sohn Charles ist ein Mädchen und Tochter Anne eher ein Junge (Einschätzung Philipp!). Wenigstens erfährt man von Andrew in dieser Staffel erfreulicherweise nichts. Nebenher taucht auch noch Winston Churchill auf (famos gespielt von John Lithgow), informiert über die Regierungsarbeit und will eigentlich nicht, dass Lisbet sich da eimischt.

Hat mich durchweg gut unterhalten, zweimal versank es es mir etwas zu tief in fraumitherzige Problemgefilde, einmal zückte ich die 5,5 Punkte. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich weitere Staffeln sehen muss. Immerhin bin ich jetzt fit im Krönungsfeierprozedere und das kann ja durchaus Ende des Jahrzehnts mal von Interesse sein bei Quizshows.

GESAMTWERTUNG: 5,00 Punkte (gut)

GHOSTS (Season 1)

„Ghosts“ ist, so habe ich bei meiner täglichen „The Late Show with Stephen Colbert“-Dosis vor ein paar Wochen erfahren, derzeit die erfolgreichste Comedy-Serie auf CBS. Was immerhin bedeutet, dass eine zweite Staffel im Herbst gesichert ist.

Ich fand es unterhaltsam, auch wenn nach den starken zwei Einstiegsfolgen die knappe Mehrheit der dreizehn Episoden nur die 4,5 Punkte ziehen konnte. Die Szenen, in denen Samantha ihrem Gatten alles nacherzählen muss, was sie von den Geistern gehört hat, nehmen immer wieder das Tempo heraus und der schlüpfrige Witz um das von den untoten Bewohnern“suck off“ genannte finale Entschwinden gen Himmel wird auch beim dritten Mal nicht lustiger. Aber ich mag die Charaktere mit ihren Marotten, Spleens und Hintergrundgeschichten. Wenn dann noch Gaststars wie Matt Walsh (Veep) oder Mark Linn-Baker (Ein Grieche in Chicago) mitmischen, guckt man gerne bei der Spukherberge vorbei.

Edit: Huch, die erste Staffel hat ja doch mindestens 16 Episoden, deshalb wird aus der Gesamt- eine Durchschnittswertung nach 13 Folgen:

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH 13 EPISODEN: 4,77 Punkte (befriedigend)

THE BOOK OF BOBA FETT (Season 1)

Mittwochs nach „Hubert ohne Staller“ (die geben sich auch ü-hüberhaupt gar keine Mühe mehr mit dem Kriminalfallanteil, oder?) steht aktuell im Hause Inishmore „The Book of Boba Fett“ bei Disney+ auf dem Programm. Die Woche zuvor hatte mich die dritte Episode mit einer erschreckend lahm inszenierten Verfolgungsjagd auf bunten Vespas allerdings so enttäuscht, dass ich mir ernsthaft die Frage stellte, ob mich die Abenteuer von Boba Fett überhaupt interessieren.

Jon Favreau und seine Crew wissen dank ihrer Erfahrung mit „The Mandalorian“, was sie auf den Schirm zu liefern haben: Fanservice, bis das Beskar auf der Rüstung schmilzt. Boba Fetts Flucht aus dem Sarlacc, mehr Hutten und Sandleute als je zuvor, ein frischer Rancor nebst kultigem Trainer, der Attentäter-Cousin von Chewbacca – das nickt man auch diesmal als Liebhaber der einzig wahren Star Wars-Trilogie zufrieden ab. Auf der anderen Seite jedoch wirkt Hauptdarsteller Temuera Morrison gleich in der ersten Kampfchoreografie etwas hüftsteif, das erste dicke Monster enttäuscht und oben erwähnte Jagd nebst Jungrebellen-Cyberpunks lässt die Mundwinkel ganz auf Tauchgang gehen. Bis jetzt folgt die Serie einem klaren „Oje-Mja“-Rhythmus, sprich: alle zwei Folgen ist es nicht so prall. Da ich diesen Eintrag schreibe, stünde danach wieder milde Desillusion an. Stand jetzt kann ich mir nicht vorstellen, dass es Boba wertungstechnisch mit dem Mandalorian aufnehmen wird.

(Brandheißer Nachtrag: Episode 5 war erfreulicherweise richtig toll, was allerdings wenig mit Boba Fett zu tun hatte.)

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH VIER EPISODEN: 4,75 Punkte (befriedigend)


PEACEMAKER (Season 1)


„Peacemaker“ setzt direkt nach dem Ende von „The Suicide Squad“ an und zeigt, wie der titelgebende Anti-Superheld (John Cena) sich mit Hilfe alter Bekannter, seinem Lieblingshaustier, Hair Metal und einer neuen Crew wieder auf Vordermann bringt. 

Nach vier Episoden kann ich soviel sagen: 

1) Der Vorspann ist jetzt schon Kult und wird niemals von mir vorgespult werden.

2) Das ist so herrlich bescheuert und drüber, wie es sich nur James Gunn aus dem Hirn krampfen kann.

3) Eine halb abgeschnittene kleine Zehe tut sehr, sehr weh.

4) Ich mag den Soundtrack, da sind richtig gute Songs dabei. Ernsthaft.

5) Es fehlen budgetbedingt die großen CGI-Gewitter aus dem Film, aber das wird durch stellenweise köstlich dumme Dialoge und den ein oder anderen dezenten Splatter-Spratzer wiedergutgemacht.

6) Ich fordere, dass von nun an alle Superhelden-Filme oder -Serien genauso inszeniert werden.

7) Do ya really wanna, do ya really wanna taste it?

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH VIER EPISODEN: 5,35 Punkte (gut)

THE WHEEL OF TIME (Season 1) 

Da erspare ich mir den großen Story-Abriss, denn nach drei Episoden habe ich es abgesetzt. Frau Rosamunde Pike mag sich da als übertolle Magierin Moiraine Damodred abstrampeln wie sie will: Gegen „Herr der Ringe“ (hat die schöneren Orks äh Trollocs) oder „Game of Thrones“ (hat die interessanteren Charaktere) kann „The Wheel of Time“ nicht ansatzweise anstinken. 

Das ist maximal nett, die Landschaftsaufnahmen sind toll und vielleicht können Kenner der Buchvorlage deutlich mehr Lustgewinn daraus ziehen, aber so ein großer Fantasy-Fan bin ich nun doch nicht, dass ich jeden neuen Kandidaten bis zum bitteren Ende sichten muss. Dafür ist hier im Haus mein Bruder zuständig, der meines festen Glaubens nach jeden Film gesehen hat, in denen ein Drache vorkommt und der eine Jugendfreigabe hat. Und Bruderherz hatte auch keinen Bock mehr.  

DURCHSCHNITTSWERTUNG NACH DREI EPISODEN: 4,33 PUNKTE (durchschnittlich)

Sichtung eingestellt